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Friday, January 27, 2017

Utah - Starke deutsche Präsenz beim Sundance Filmfestival

Als Weltpremiere ist Helene Hegemanns "Axolotl Overkill" zu sehen, drei weitere deutsche Co-Produktionen ergänzen den internationalen Wettbewerb. Außerdem dabei: ein deutscher Jungstar in einem australischen Film.



Wilde Berliner Partynächte: "Axolotl Overkill" von Helene Hegemann
Es dürfte die richtige Bühne sein für Helene Hegemanns "Axolotl Overkill". Schließlich geht es ums Erwachsenwerden, um jugendliches Freiheitsgefühl, um ein Leben im Rausch. Das Sundance Film Festival in Park City/Utah (19.1.-29.1.) ist seit Anfang der 1980er Jahre das Festival für das unabhängige, junge Kino in Nordamerika, das sich ganz bewusst von Hollywood absetzt. Helene Hegemann feiert im Februar ihren 25. Geburtstag, hat gleichwohl schon viel erlebt im deutschen Kulturbetrieb.
Weltpremiere in Sundance statt in Berlin
Natürlich hätte man sich ihren Film auch sehr gut bei der Berlinale (9.2.-19.2.) vorstellen können, die nur wenig später startet. "Axolotl Overkill" als Abschlussfilm an ihrem Geburtstag (19.2.) in der deutschen Hauptstadt beim größten deutschen Filmfestival - das wäre doch ein Coup gewesen! Ein Film, der zudem in Berlin spielt. Doch Helene Hegemann und die Produzenten von "Axolotl Overkill" werden sich schon etwas dabei gedacht haben, als sie sich für das fern im US-Bundesstaat Utah gelegene Sundance entschieden haben. Den ersten großen Spielfilm von Helene Hegemann in Berlin zu zeigen, das wäre wohl auch ein Risiko gewesen - nach der Vorgeschichte.


Hauptdarstellerin Jasna Fritzi Bauer in "Axolotl Overkill"
Hegemanns Roman mit dem ähnlich klingenden Titel "Axolotl Roadkill" hatte 2010 einen veritablen Skandal ausgelöst im deutschen Literaturbetrieb. In dem Buch, auf dem der nun in Sundance gezeigte Film basiert, hatte Hegemann von einer jungen Frau erzählt, die in Berlin erwachsen wird und dabei sämtliche Jugendsünden von Drogenkonsum bis Schulverweigerung durchläuft. Dabei hatte die junge Autorin Textpassagen anderer Schriftsteller übernommen, ohne dies durch Quellenangaben kenntlich zu machen. Vor allem aus dem Roman "Strobo" des Bloggers Airen stammten viele Passagen.
Das hatte ein gewaltiges Medienecho ausgelöst. "Axolotl Roadkill" sah sich in der Folge heftiger Plagiatsvorwürfe ausgesetzt. Vor allem auch, weil Hegemann den offensichtlichen Textdiebstahl zunächst offensiv verteidigte und von einem bewussten Akt modernen Schreibens sprach. Recht zum Kopieren und zur Transformation.  

Helene Hegemann
Der Autor Airen, dessen Verlag und viele Literaturexperten sahen das freilich anders. "Wir nennen das 'sich mit fremden Federn' schmücken. Die Federn gehören dem Schriftsteller Airen", protestierte dessen Verlag. << Schließlich änderten Hegemann und deren Verlag nach und nach ihre Haltung, in der vierten Ausgabe von "Axolotl Roadkill" wurden die Quellen der Autorin schließlich dezidiert aufgelistet, Airen erhielt eine finanzielle Entschädigung.
Helene Hegemann war schon vor ihrem ersten Roman als künstlerisches Wunderkind gefeiert worden. Sie war 15, als im Jahre 2007 ihr erstes Theaterstück aufgeführt wurde, ihr erster längerer Film "Torpedo" lief 2008 bei den Hofer Filmtagen und in Saarbrücken beim "Max Ophüls Preis" und wurde dort ausgezeichnet. In ihren Filmen und Büchern schöpft die junge Autorin aus selbst Erlebtem. Die 1992 in Freiburg geborene Hegemann war dreizehn, als ihre geschiedene Mutter starb.
 Man darf gespannt sein, wie das nordamerikanische Publikum nun auf Helene Hegemanns ersten langen Spielfilm reagiert. "Axolotl Overkill" feierte am 20.1. in Sundance Weltpremiere.
Beim Festival in Sundance werden insgesamt 113 Spielfilme und Dokumentationen aus 32 Ländern gezeigt. "Axolotl Overkill" läuft in der Programmsektion "World Dramatic", in der außerdem noch drei deutsche Co-Produktionen gezeigt  werden. Das Regie-Duo Nana Ekvtimishvili & Simon Gross zeigt den Film "Meine glückliche Familie". Der erzählt von einer 52-jährigen Ehefrau und Mutter in der georgischen Hauptstadt Tbilisi, die eines Tages beschließt aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Ein Emanzipationsdrama aus Georgien, entstanden vor allem mit deutscher Finanzierung.


Das Filmfestival in Sundance/Utah
Als schwedisch-dänisch-deutsche Co-Produktion läuft "The Nile Hilton Incident" von Tarik Saleh, ein Film über einen korrupten Polizeibeamten in Kairo, der bei seinem neuesten Fall in ein kriminelles Wespennest stößt, das bis ins Parlament reicht. Schließlich bewirbt sich auch der Film "The Wound" des Südafrikaners John Trengove, der ebenfalls mit deutschen Fördergeldern entstand, um einen Preis in dieser Sundance-Sektion.
In der Festivalsektion "Premieres" darf sich das Publikum mit dem Film "Manifesto" des deutschen Künstlers Julian Rosefeldt auseinandersetzen, der auf einer Kunstinstallation aus dem Jahre 2015 basiert. Die australische Schauspielerin Cate Blanchett verlas dort in wechselnden Rollen verschiedene Manifeste aus der Geschichte der Kunst. Rosefeldt montierte das Ganze zu einer Filminstallation, die erstmals im Dezember 2015 in Australien gezeigt wurde. Eine Kinofassung ist nun in Sundance zu sehen.
Eine weitere deutsch-australische Zusammenarbeit ist der Films "Berlin Syndrome". Der deutsche Schauspieler Max Riemelt ist einer der Hauptdarsteller im Film der Australierin Cate Shortland. Riemelt spielt einen jungen Englisch-Lehrer in Berlin, der die Fotojournalistin   Clare (Teresa Palmer) kennenlernt.

Max Riemelt
Was zu Beginn wie eine nette Bekanntschaft wirkt, entwickelt sich dann im Laufe des Geschehens zu einem Horrortrip für die junge Frau. "Berlin Syndrome" startet nach seiner Sundance-Premiere Anfang März in den deutschen Kinos.
So hat das nordamerikanische Festival in diesem Jahr einen kleinen Berlin-Schwerpunkt, auch "Manifesto" wurde schließlich in der deutschen Hauptstadt gedreht. Auf Helene Hegemanns "Axolotl Overkill" müssen die deutschen Zuschauer noch bis zum Kinostart am 29. Juni warten. 
Quelle FAZ

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