Am 29. Oktober eröffnete in der Gagosian Gallery an der 21. Straße “Picasso & the Camera” , die fünfte von seinem langjährigen Freund und Autographen John Richardson organisierte Ausstellung. Sie wirft ein neues Licht auf Picassos Arbeitsmethode und die wichtige Rolle seiner eigenen Fotos nicht nur als Gedächtnisstütze, sondern als kompositorisches Hilfsmittel. Der Picasso-Enkel Bernard Ruiz-Picasso besitzt einen großen Schatz an Bildern, etliche wurden aus dem Überseekoffer geborgen, der Olga Khokhlova ihr ganzes Leben begleitete und unter anderem auch ihre Ballettschuhe enthielt. Bei der Arbeit am dritten Band der Mammutbiographie entdeckte Richardson - inzwischen beim vierten Band angelangt - eine Reihe bedeutsamer Fotos, die Picasso in Gemälde umsetzte, und er begann, die unerwartet komplexe Rolle des Mediums in seinem Werk zu erforschen.
Picasso unterhielt wichtige Freundschaften mit Fotografen, und er war an der Ablichtung seiner Arbeiten ebenso beteiligt
wie an den Portraits, die Man Ray oder Brassai von ihm machten. Darüber hinaus fotografierte er sich immer wieder selbst (in konfrontativer Pose, fast wie ein Repräsentant des Berufsstands “Künstler” in August Sanders Bildern). Auch aus der Ablichtung immer wieder neu gruppierter Skulpturen entstanden Gemälde, wie ein Beispiel in der Ausstellung illustriert. Gestern ergab sich unverhofft die Gelegenheit zu einem kleinen Interview mit Richardson vor Ort, und ich bin mit einem Vorabdruck des gigantischen Katalogs aus der Galerie marschiert. Die Ausstellung, die auch sehr viele Fotos von Picasso mit Familie und Freunden sowie einige seiner Filme zeigt. Die Ausstellung demonstriert auf sehr spannende Weise, mit welcher Neugier und Freude sich Picasso ein damals noch immer neues Medium aneignete.
Claudia Steinberg