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Auf dem Bild: Badende Knaben, um 1899, Öl auf Malkarton, 33 x 41 cm |
Woran denkt man, wenn man an Föhr denkt? Vielleicht: kleine nordfriesische Insel vor der Küste Schleswig-Holsteins, beliebt bei Touristen, Natur, Ruhe, Sandstrände, Fischbrötchen, langweilige Schwester von Sylt. Woran man eher nicht denkt, das ist Hochkultur. Ein Fehler, schließlich steht im Vierhundert-Einwohner-Dorf Alkersum seit einigen Jahren das privat geführte „Museum Kunst der Westküste“.
In Alkersum sieht es so aus, als hätten die Bewohner die Rasen ihrer Vorgärten tatsächlich mit der Schere gekappt. Durch einen unscheinbaren Eingang, einen winzigen Schlitz zwischen zwei Häusern, kommt man schließlich hinein ins „Museum Kunst der Westküste“. An der vorderen Front wurde ein historischer Gasthof wiederaufgebaut, in den schon vor über hundert Jahren Künstler wie Otto Heinrich Engel einkehrten und in dessen zweiter Etage sich jetzt ein Teil der Ausstellungsfläche befindet. Der Besuch beginnt schon in dem Augenblick, in dem die Fähre das Festland verlässt.
Nach rund fünfzig Minuten spuckt das Schiff seine Gäste in der Hafenstadt Wyk aus. Weiter geht es mit dem Rad durch die weite Landschaft, vorbei an sattgrünen Wiesen, weidenden Pferden, wilden Apfelbäumen und reetgedeckten Häusern, mit Sprossenfenstern und rosenberankten Gittern an den Fassaden.
2009 wurde der rund dreizehn Millionen teure Bau fertiggestellt. Außer Wechselausstellungen von Gegenwartskünstlern, die während eines Artist-in-Residence-Programms einige Zeit auf Föhr verbringen, wird immer auch eine Auswahl der etwa siebenhundert Werke umfassenden ständigen Sammlung gezeigt, deren Schwerpunkt auf Arbeiten zum Thema Meer und Küste aus den Jahren 1830 bis 1930 lliegt.
Max Liebermann ist in der Schau „Max Liebermann und Zeitgenossen“ mit über 30 Werken vertreten.
Derzeit ist die Schau „Max Liebermann und Zeitgenossen“ zu sehen, mit rund achtzig Bildern unter anderen von Eugène Boudin, Max Beckmann, Emil Nolde und natürlich Liebermann, der mit über 30 Ölbildern, Druckgrafiken und Zeichnungen vertreten ist, darunter Variationen entspannter Badeszenen und kraftvoller Pferdemotive. Für einen überraschenden Déjà-vu-Effekt sorgt das Gemälde „Zwei Reiter am Strand“ aus dem Jahr 1910, das seinem neun Jahre älteren Zwilling zum Verwechseln ähnlich sieht, der zuletzt als Teil der Sammlung Gurlitt einige Bekanntheit erlangte.
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Der Schwerpunkt der ständigen Ausstellung des Museums liegt auf Meeres- und Küstenmotiven. Auf dem Foto: Max Liebermann, Jäger in den Dünen bei Noordwijk, um 1913, Öl auf Leinwand, 50,5 x 68,5 cm |
Die vielen Küstenmotive finden ihre Fortsetzung in den beiden jüngst eröffneten Ausstellungen zeitgenössischer Künstler. Die großformatigen Acryl-Bilder des in Husum geborenen Jochen Hein zeigen das Meer, mal ruhig und durchsetzt von Lichtreflexen, mal aufgewühlt, brodelnd, bedrohlich. Was auf Heins Bildern mit grobem Malwerkzeug und unter Einfluss des Zufalls entsteht - die Farbe wird mit dem Pinsel auf die Leinwand gespritzt -, mutet erstaunlicherweise fast fotografisch an.
Die Werke der Ukrainerin Mila Teshaieva dagegen funktionieren umgekehrt: Sie wirken wie Malerei, sind aber Fotografien. Die Künstlerin arbeitet mit der Methode des „Light Painting“, bei der nachts in völliger Dunkelheit während einer sehr langen Belichtungszeit Ausschnitte eines Motivs durch eine Taschenlampe diffus beleuchtet werden.
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