Er war ein innovativer deutscher TV-Regisseur, inszenierte dann “Das Boot” und machte in Hollywood Karriere. Jetzt ist Petersen nach Deutschland zurückgekehrt, wurde 75 Jahre alt und legt demnächst einen neuen Film vor.
Durchbruch mit einem “Tatort”
“Reifezeugnis” hieß 1977 der Film aus der Tatort-Reihe, der nicht nur für Petersen ein Startschuss für größere Aufgaben sein sollte. Auch die damals 16jährige Nastassja Kinski machte im Film über eine Schülerin, die ein Verhältnis zu einem Lehrer hat, eine gute Figur. Noch heute wird “Reifezeugnis” immer wieder gern gezeigt im Fernsehen. Regisseur Wolfgang Petersen wird jetzt (14.3.) 75 Jahre alt.
Er ist unser Mann in Hollywood. Er war es zumindest für viele Jahre: Wolfgang Petersen, der im März 75 Jahre alt wurde. Kein anderer deutscher Regisseur - von Roland Emmerich einmal abgesehen - hat über einen so langen Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg so erfolgreich in den USA gearbeitet. Wobei Erfolg in Hollywood immer auch den kommerziellen miteinschließt.
Seine bei der Kritik angeseheneren Kollegen Wim Wenders, Werner Herzog und Volker Schlöndorff sind nach ihren Stippvisiten in den Staaten entweder entnervt wieder zurückgekehrt in die Heimat, haben nicht wirklich im klassischen Hollywood-Studiosystem gearbeitet oder fanden am Ende dann doch, dass ihre künstlerische Heimat eher in Deutschland liegt. Petersen hat sich wirklich zurechtgefunden im Haifischbecken Hollywood. Das ist eine erstaunliche Leistung.
Petersens Figuren haben auch in seinen Genrefilmen psychologische Tiefe
Und anders als Roland Emmerich, der mit ihm zusammen für viele Jahre das deutsche Duo auf dem amerikanischen Regiesessel präsentierte, hat Petersen ja immer wieder nicht nur für filmhandwerkliche Brillanz gesorgt. Emmerich lässt es auf dem Set immer richtig krachen, seine Special-Effects-Mitarbeiter waren oft die eigentlichen Helden des Teams.
Mit 75 dreht er wieder in Deutschland
Petersen dagegen scheute sich nie vor einer psychologischen Durchdringung seiner Filmfiguren. Wolfgang Petersen-Filme haben Handwerk mit Kunst verbunden, nicht immer, aber oft genug, so dass dem Norddeutschen ein Ehren-Platz im Hollywood der Exilregisseure sicher ist.
Begonnen hatte alles beim Fernsehen. Dort hat der 1941 in Emden geborene Petersen sein Handwerk gelernt. Zuvor gehörte er zu den ersten Absolventen der deutschen Film- und Fernsehhochschule in Berlin, beim Theater lernte er hinzu und auch als Schauspieler ist er ausgebildet. Fürs Fernsehen drehte er fleißig solide Unterhaltung, einige Filme für den damals noch neuen “Tatort”, aber auch engagierte Filme zu gesellschaftlich relevanten Themen. In Erinnerung vor allem bleiben seine Beiträge zum Umweltschutz, in “Smog” (1972/73), und zur Homosexualität, in “Die Konsequenz” (1977).
Wolfgang Petersen: ein Mann für Hollywood
Irgendwann fiel den Produzenten, Günter Rohrbach in erster Linie, aber auf, dass in diesem sympathischen Regisseur mehr schlummerte als nur ein solider Handwerker. Rohrbach fragte bei Petersen nach, ob dieser denn nicht Lust habe den voluminösen Kriegsroman “Das Boot” von Lothar-Günther Buchheim zu verfilmen. Petersen hatte Lust. Der Rest ist fast schon (Film-)Geschichte: “Das Boot” wurde ein Riesenerfolg, als Kinofilm, als mehrteilige Fernsehfassung - und schließlich auch im Ausland. Die Krönung: der deutsche Film “Das Boot” wurde für nicht weniger als sechs Oscars nominiert.
Sein Einstand in Hollywood war schwierig, “Tod im Spiegel” 1991 sein erster in den USA gedrehter Film
Nun war klar, dass Petersen die ganz großen Dinger schultern konnte, sprich: Hollywood-Filme. Zunächst drehte er noch in der Heimat, den bis dato teuersten deutschen Film, die Fantasy-Saga “Die unendliche Geschichte”. Ein Jahr später entstand, schon für ein US-amerikanisches Studio, auf dem Gelände der Bavaria in München, der Science Fiction-Streifen “Enemy Mine”. Auch wenn letzterer kein großer kommerzieller Erfolg war, war doch schnell klar, dass Petersen sein Glück nun in Hollywood suchen würde.
Doch auch für den fleißigen Deutschen ging es in den Vereinigten Staaten dann erst einmal nicht so rund weiter wie erhofft. Mehrere Projekte zerschlugen sich, vier Jahre dauerte es, bis Petersen mit dem Thriller “Tod im Spiegel” seinen ersten echten Hollywoodstreifen vorlegen sollte. Der wurde lediglich ein Achtungserfolg und man dachte schon, dass dieser Regisseur, wie so viele andere, nach schmerzhaften Erfahrungen in den USA wieder in die Heimat zurückzukehren würde.
Glanzrolle für US-Star Clint Eastwood
Doch drei Jahre später lieferte Wolfgang Petersen mit “In the Line of Fire” einen Film ab, dessen deutscher Titel “Die zweite Chance” auch eine gute Beschreibung für seinen damaligen Karriereschritt hätte abgeben können. Der Film über einen Secret-Service-Agenten in der Krise verschaffte US-Star Clint Eastwood eine Glanzrolle. Das hatte Folgen. Auch in den kommenden Filmen vertrauten sich die US-Top-Stars den Regie-Anweisungen des Deutschen an, der in der Branche einen guten Ruf als zuverlässiger Arbeiter und ausgesprochen netter Kollege hatte. Petersen drehte mit Dustin Hoffman und Harrison Ford, mit Glenn Close, George Clooney, Morgan Freeman, Brad Pitt und vielen anderen.
In den USA drehte der Deutsche mit den Superstars, hier mit Brad Pitt
2006 bescherte ausgerechnet ein Film über eine Schiffskatastrophe dem Regisseur, der mit einem U-Boot-Film seine Weltkarriere gestartet hatte, ein Desaster. Seine wenig inspirierte Verfilmung des Untergangs des Passagierschiffes “Poseidon” kostete 160 Millionen Dollar, spielte das Geld aber in der Folge an den Kinokassen kaum ein. In der Kategorie “Schlechtestes Remake oder billigster Abklatsch” wurde der Film 2007 gar für eine “Goldene Himbeere” nominiert.
Petersen: Die Amerikaner waren “Vertreter einer schöneren Welt”
Wolfgang Petersen hat aus seiner USA-Begeisterung nie einen Hehl gemacht und diese auf die Befreiung durch die Alliierten 1945 zurückgeführt: “Unsere Eltern waren ziemlich demoralisiert nach all der Hitlerei, so dass diese Amerikaner, die gut genährt und lachend auf ihren Schiffen standen, wie eine Erlösung wirkten,” erklärte der Deutsche einmal. Für ihn seien die Amerikaner damals die “Vertreter einer schöneren Welt” gewesen, “reich, mächtig und freundlich.” Petersen: “Das hat sich mir tief eingeprägt.” Insbesondere dem US-patriotischen Film “Air Force One” hat man viele Jahrzehnte später diese Dankbarkeit deutlich angemerkt.
Comeback in der Heimat nach zehn Jahren
Seit “Poseidon” hat Petersen keinen Film mehr drehen können. Vor kurzem meldete er sich jedoch zurück - in der Heimat. Mit den deutschen Kassenmagneten Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Michael “Bully” Herbig und Jan Josef Liefers hat er gerade in Berlin die Gaunerkomödie “Vier gegen die Bank” abgedreht. Den Stoff, vier abgehalfterte Herren versuchen ihren Geldbeutel mit Hilfe eines Banküberfalls aufzufüllen, hatte Petersen vor genau 40 Jahren schon einmal für das deutsche Fernsehen verfilmt.
So könnte sich ein Kreis schließen. Wolfgang Petersen, der Mann der mit kleineren Fernsehspielen anfing, in Hollywood mit Weltstars Karriere machte, dreht mit deutschen Top-Stars in Deutschland wieder einen großen Kinofilm. Ein Kassenerfolg dürfte angesichts der Besetzung sicher sein. Weihnachten soll die Krimikomödie in die deutschen Kinos kommen.
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