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Wednesday, December 17, 2014

Chicago: Das Art Institute of Chicago ist ein Wunderland der Kunst aus fünf Jahrtausenden

Egal, ob nun Einwohner, Gast oder Besucher der Windy City und ein bisschen kunstinteressiert, kommt an einem der besten Museen der Welt einfach nicht vorbei, dem “Art Institute of Chicago”. Von außen ein imposanter Bau, doch innen ein Wunderland mit einem Bestand von 300.000 Kunst- und Kulturwerken aus fünf Jahrtausenden, die in dem großen Gebäudekomplex untergebracht sind, allerdings nur zu einem kleinen Teil in der Schausammlung gezeigt werden. Doch es gibt genug zusehen. Kein Wunder: Das Museum stellt mit 1,4 Millionen Besucher jährlich einen der touristischen Hauptanziehungspunkte von Chicago  dar.

Zwei Bronzelöwen des amerikanischen Bildhauers Edward L. Kemeys bewachen den Haupteingang des renommierten Art Institute, das anlässlich der Weltausstellung 1893 errichtet wurde und in den folgenden Jahrzehnten ständig erweitert und immer wieder renoviert wurde, zuletzt 1987.Berühmt ist das Museum für seine Sammlung der Impressionisten, Post-Impressionisten und der Amerikanischen Kunst. Das Museum rühmt sich der weltgrößten Sammlung von Monet-Gemälden.  
Porträt des Jacques 
Im Museum findet man bekannte Werke wie zum Beispiel Vincent van Goghs “Selbstbildnis”, Claude Monets “Heuschober”, Pabloo Picassos “Frau im roten Sessel”, Georges Seurats “Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte”, Amedeo Modiglianis “Porträt des Jacques Lipchitz mit seiner Frau”, Grant Woods “American Gothic” und Edward Hoppers “Nighthawks”. Es beherbergt auch das Lebenswerk des Fotografen Irving Penn.

Darüber hinaus zeigt das Haus auch Kunst des 20. Jahrhunderts, darunter Werke deutscher Künstler, wie die Arbeit “Filzanzug” von Joseph Beuys aus dem Jahr 1970. Gerhard Richter ist mit der bemerkenswerten, abstrakten Werkgruppe “Eis” (Ice) und mit dem Gemälde “Frau, die Treppe herabgehend” (Woman Descending the Staircase) von 1965 vertreten. Zu den anderen Schätzen des Art Institute gehören Marc Chagalls bunte Glasfenster und Georgia O’Keefe’s „Sky Above the Clouds“, das größte Gemälde (244 x 732 cm) des Museums.


Ausstellungen asiatischer und afrikanischer Kunst und die Fotografien im Erdgeschoss. Dort befindet sich auch ein Education Center für kleine Besucher. Mo-Mi, Fr 10.30-17, Do 10.30-20 Uhr | Eintritt 12 Dollar | 111 S. Michigan Ave. | www.artic.edu | Bus 3, 4, 60, 145, 147, 151 | U-Bahn/El Green Line, Brown Line, Orange Line bis Adams
Im Allerton Building werden Chinesische Bronze und Keramik, afrikanische Kunst, sowie Waffen, Rüstungen und Elfenbeinschnitzereien gezeigt. Ein Anziehungspunkt in diesem Gebäude bildet jedoch die Sammlung Europäischer Malerei vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Claude Monet,Paul Gauguin, Paul Cézanne, aber auch Rembrandt van Rijns „Alter Mann mit der Goldkette” sind hier zu finden. Das Obergeschoss beherbergt außerdem die Architektur-Sammlung mit einem Schwergewicht der Baugeschichte von Chicago. Frank Lloyd Wright und Mies van der Rohesind hier die bekannten Namen. Im Untergeschoss ist die Fotografiesammlung zu sehen, die 1949 aus der Sammlung des Fotografen Alfred Stieglitz hervorgegangen ist.

 Bewundern Sie klassische Gemälde wie American Gothic und reisen Sie in den neu eröffneten Galerien, die der Kunst des antiken Griechenlands, Japans, Afrikas und Amerikas gewidmet sind, rund um den Globus.

Art Institute of Chicago
www.artic.edu/

111 South Michigan Avenue, Chicago, IL 60603, USA

+1 312-443-3600

Wednesday, December 10, 2014

München/Berlin - Musik-Archiv geht an Staatsbibliotheken

Die Staatsbibliotheken München und Berlin erwerben das Archiv des Schott-Musikverlages. Es enthält Orginalschriftstücke von Beethoven, Chopin und Wagner und soll vollständig digitalisiert werden.

Es sei ein nicht hoch genug einzuschätzender Glücksfall, dass das Archiv nach einem mehrjährigen Verhandlungsmarathon nun für die Wissenschaft gesichert und zugänglich gemacht werden könne, sagt Rolf Griebel, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek zu diesem erfreulichen Ergebnis.


Das historische Archiv des Schott-Verlages umfasst über 85.000 Archivalien. Darunter sind handschriftliche Erstfassungen von berühmten Opern und Musikstücken des 18. bis 20. Jahrhunderts, auch von Richard Wagners Oper “Die Meistersinger von Nürnberg” oder Carl Orffs “Carmina Burana”. Nun soll das historische Archiv des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Staatsbibliotheken Berlin und München haben gemeinsam mit sechs weiteren Forschungseinrichtungen die wertvollen Artefakte jetzt erworben.

Das Archiv umfasst sämtliche Geschäftsakten des Schott-Verlages aus den Jahren 1787 bis 1945, sowie das gesamte Herstellungs-, Handschriften- und Erstausgabenarchiv von 1810 bis 1950. Es handelt sich um das größte bekannte Musikverlagsarchiv Deutschland. Bisher wurde die Sammlung in Mainz aufbewahrt und war Eigentum der Strecker-Stiftung. Der Verkaufspreis der Sammlung ist nicht bekannt.

Die Staatsbibliotheken möchten das Archiv nun vollständig digitalisieren. Die Archivalien sollen an unterschiedlichen Standorten aufbewahrt und wissenschaftlich aufbereitet werden. Neben den Staatsbibliotheken in Berlin und München gehen Teile der Sammlung auch an andere Institutionen, wie das Beethoven-Haus in Bonn und die Universitätsbibliothek in Frankfurt am Main.

Schott-Music ist einer der ältesten noch existierenden Musikverlage der Welt. Seit 1770 verlegt, editiert und verkauft das Mainzer Unternehmen Noten etlicher berühmter Komponisten: Richard Wagner, Ludwig van Beethoven, Franz Liszt und Frederic Chopin sind nur einige der berühmten Namen des umfangreichen Verlagsprogrammes.

Quelle: Deutsche-Welle

Tuesday, December 2, 2014

New York - Auch Bloombergs Nachfolger Bill de Blasio will den Big Apple durch Touristen sanieren

"Wenn ich einen Touristenbus in den Straßen von Brooklyn sehe, bin ich jedesmal hingerissen", sagte Bill de Blasio kurz nach seinem Amtsantritt. Es ist zu bezweifeln, dass sich die Bewohner des einstigen Künstlerviertels Williamsburg oder die Pioniere am noch immer giftigen Gowanus Canal über den Anblick eines roten Doppeldeckers ebenso freuen, verheißt er doch vor allem höhere Mieten und teure Restaurants. Doch im Zuge des Trends zum "erfahrungsbezogenen Tourismus" wollen sich Fremde wie Einheimische fühlen, natürlich am liebsten in bisher unerschlossenen Winkeln der Metropole. Die Ortsansässigen blicken zwar blasiert auf den Herdentrieb, der Leute aus aller Welt unweigerlich an die selben Stationen führt, doch kaum streunen die Outsider von den ausgetretenen Pfaden auf Insider Territorium, gelten sie auch schon als dreiste Eindringlinge.


 Wie Bloomberg, der über sein für 2015 gestecktes Ziel von 55 Millionen Besuchern schon in diesem Jahr hinausschoß, will auch sein Nachfolger die Wirtschaft der Stadt vor allem mit Unterstützung von Besuchern aus aller Herren Länder ankurbeln. Tatsächlich gaben die amerikanischen und ausländischen New York Touristen, die 2013 gemeinsam die Einwohnerzahl Englands überschritten, fast 40 Milliarden Dollar in New York City aus - das reicht aber längst noch nicht, im nächsten Jahr sollen es 70 Milliarden werden. Times Square, Soho, und das Metropolitan Museum wurden schon vor einem Jahrzehnt kolonisiertiert, und nun marschieren auch Menschen aus Iowa, Texas, London und Brasilien tapferen Schrittes durch das MoMA und über die Highline. Chinesen bilden die am schnellsten wachsende Gruppe unter den New York Besuchern, nicht zuletzt dank einer Training Academy für Reiseführer, von der New Yorker Handelskammer kürzlich in Shanghai eröffnet. Die Besucher aus dem Fernen Osten übernachten meist in New Jersey in Flughafennähe für ein Drittel des manhattenüblichen Zimmerpreises von knapp 300 Dollar pro Nacht und fahren morgens noch vor Anbruch der Rushhour mit dem Bus in die Stadt. Umgekehrt reisen Manhattaniten immer häufiger nach Mexico oder Costa Rica, um die durchschnittliche Monatsmiete von fast 3000 Dollar für eine Einzimmerwohnung mit Hilfe von Touristendollars zahlen zu können. Oder sie ziehen gleich nach Berlin.

Aus dem Tumult manischer Shopper und chronischer Verkehrsstaus ragt das Plaza abends als Bastion schwarzer Stille aus dem kommerziellen Hochglanz: das einstmals funkelnde Juwel sitzt als trauriger Kasten am Südende des Central Parks, die meisten Suiten zu täglich entstaubten und so gut wie nie benutzten Eigentumswohnungen verwaist - kaum mehr als eine imposante Adresse auf der Visitenkarte eines Milliardärs aus Übersee, seine Zehenspitze auf goldenem Pflaster. Da hätte man doch lieber Touristen, Portiers, Gepäck, Betrieb. Zumindest sollte sich der Einheimische gelegentlich eine Stunde als Gast in der eigenen Stadt schenken und sich in einem der noch lebendigen Grand Hotels gegenüber vom Plaza einen kostspieligen Drink erlauben. Hinter den dicken Glasscheiben breitet sich dann schweigend die fast vergessene Bilderbuchversion der Stadt mit den Joggern im Central Park aus, mit den gelben Taxis, deren Hupen man hier nur wie aus weiter Ferne hört. Zugleich kann man mit Verwunderung beobachten, wie eine endlose Prozession junger Japaner, Amerikaner und Europäer Selfies vor dem Logo des Apple-Stores an der Fifth Avenue schießt.  Was ist schon "erfahrungsbezogener Tourismus", fragt man sich schließlich und erinnert sich an die eigenen Schnappschüsse vor dem Trevi-Brunnen in Rom, unter dem ausgestrecken Arm des Corcovado in Rio, auf der Pyramide von Chichen Itza. Jeder selbsterkorene Kosmopolit ist ja auch Tourist.
Claudia Steinberg

Wednesday, November 26, 2014

Bern: Kunstmuseum Bern nimmt Gurlitts Erbe an

Ein halbes Jahr lang wurde abgewogen und verhandelt, nun hat das Schweigen ein Ende: Das Kunstmuseum Bern tritt das Erbe von Cornelius Gurlitt an. Und die Bundesregierung weiß um ihre moralische Verantwortung, dennoch: zahlreiche Werke der Sammlung stehen unter Raubkunstverdacht. Gleichzeitig unterzeichneten die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Monika Grütters, der bayerische Staatsminister für Justiz, Winfried Bausback, und der Stiftungsvorsitzende des Berner Kunstmuseums, Christoph Schäublin, eine Vereinbarung zum Umgang mit dem umstrittenen Nachlass des vor einem guten halben Jahr verstorbenen Sohns eines NS-Kunsthändlers. Demnach wollen sie für das Erbe gemeinsam Verantwortung übernehmen. "Mit der Vereinbarung", so Kulturstaatsministerin Monika Grütters, "stellt sich Deutschland seiner historischen Verantwortung für das Leid und das Unrecht, dem Verfolgte des NS-Regimes und insbesondere Menschen jüdischen Glaubens unter der nationalsozialistischen Terrorherrschaft ausgesetzt waren".


Die Bundesrepublik Deutschland hat sich damit verpflichtet, weiterhin die Provenienzforschung für alle Kunstwerke des sogenannten "Schwabinger Kunstfundes" - rund 1280 Werke aus dem Besitz Cornelius Gurlitts - zu übernehmen. Die vom Bund und dem Land Bayern getragene Taskforce wird die Provenienzforschung auch für die Werke übernehmen, die sich außerhalb der Bundesrepublik im Salzburger Haus von Gurlitt befanden und bei denen ein begründeter Verdacht auf NS-Raubkunst besteht. Im Nachlass enthaltene Werke, die sich als Raubkunst erweisen oder die mit hoher Wahrscheinlichkeit als Raubkunst einzustufen sind, werden vom Museum Bern entsprechend der "Washingtoner Prinzipien" von 1998 an die Berechtigten restituiert. "Über die Schwelle des Kunstmuseums Bern kommen generell keine Werke, die sich als Raubkunst erweisen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit als Raubkunst einzustufen sind", betonte Stiftungsratspräsident Christoph Schäublin. Jene Werke aus dem Gurlitt-Bestand, die von den Nationalsozialisten als "entartet" verunglimpft und aus öffentlichen Sammlungen und Museen entfernt worden waren, sollen den Häusern, denen sie bis zur NS-Aktion gehörten, bevorzugt als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt werden.

Gleichzeitig stellt das Schweizer Museum eigene Aktivitäten in Aussicht. Gedacht ist etwa an den Aufbau einer eigenen Forschungsstelle. Die könnte unter anderem über gesetzliche Fristen hinaus exemplarisch die Geschichte der Sammlung und die spezifischen Bedingungen aufarbeiten, unter denen sie entstanden ist. "Transparenz ist geboten", betonte auch Monika Grütters. Werke, bei denen es sich nach Angaben der Taskforce um Raubkunst handele, deren Eigentümer aber nicht bekannt seien, sollen nicht nur in Datenbanken publiziert, sondern auch öffentlich ausgestellt werden, um die unbedingt angestrebte Rückgabe zu ermöglichen.

Die Wahl des Erblassers habe das Kunstmuseum Bern seinerzeit in höchstem Masse überrascht, sagte Schäublin. Triumpfgefühle habe sie schon gar nicht ausgelöst. Die seien angesichts der Geschichte, die auf der Sammlung laste, auch gänzlich unangebracht. Letztlich sei es um die Frage gegangen, ob und wie das Kunstmuseum der Verantwortung gerecht zu werden vermag, die ihm durch dieses Erbe auferlegt wird. Der im Mai verstorbene Cornelius Gurlitt hatte das Berner Museum als Alleinerben eingesetzt. Seine Sammlung umfasst mehr als 1500 Bilder und Zeichnungen, darunter auch wertvolle Arbeiten von Matisse, Picasso, Renoir und Monet.

Kurz vor seinem Tod hatte Gurlitt einen Vertrag mit der Bundesregierung unterzeichnet, in dem er die weitere Erforschung seiner Sammlung auf Nazi-Raubkunst zusicherte. Die nun zwischen Bern, dem Bund und dem Land Bayern unterzeichnete Vereinbarung basiert auf diesem Vertrag. Drei mittlerweile zweifelsfrei aus Raubkunst identifizierte Kunstwerke werden demnächst an ihre rechtmäßigen Besitzer bzw. deren Erben zurückgegeben. Die nun unterzeichnete Vereinbarung zum Umgang mit dem Nachlass von Cornelius Gurlitt wird als Meilenstein bezeichnet, aber er ist nicht der letzte auf einem langen, an Herausforderungen reichen Weg.

Quelle: Deutsche-Welle


Tuesday, November 25, 2014

Lesespaß: Die Pasadena Humane Society lädt zur Puppy Pre- School ein - Wenn Tessa die Schulbank drückt

Ganz Ohr: Habe ich richtig gehört, Du willst mich mitnehmen`

Pasadena - Wie so oft im Leben führte auch in dieser Liebesgeschichte zwischen einer zweibeinigen Lady und einem vierbeinigen Baby der Zufall Regie. Herta Levy arbeitet seit über 19 Jahren  ehrenamtlich mit den Tieren für die Pasadena Humane Society SPCA. Hauptsächlich mit den scheuen Tieren um ihr Verhalten zu ändern damit sie eine Chance haben adoptiert zu werden, ist aber KEINE Garantie! "Ich wollte eigentlich nur mal schnell reinschauen," erzählt sie. "Aber da sah ich eine kleine braune Schnauze, die sich durch ein Gitter zwängte. Neugierig trat ich näher, bekam Herzklopfen. Ich traute meinen Augen nicht, denn zu der Schnauze gehörte das niedlichste, was ich seit Jahren gesehen hatte: Ein drei Monate altes Dobermann-Baby, seidig rotbraun, das nun aufgeregt im Käfig umhersprang.
Gartenarbeit dieser Art ist total verboten - macht aber viel Spaß.
Frauchen hatte gerade Tupen-Zwiebeln gepflanzt
Aber Frauchen Herta war gar nicht böse wegen der Tulpenzwiebeln.
Pst. Das nächste Mal grabe ich auch die Osterglocken aus. Ich weiß,
wo sie die versteckt hat
Da war's um mich geschehen. Liebe auf den ersten Hundeblick. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich, seitdem mein Dobermann Sascha vor einigen Jahren starb, immernoch die Sehnsucht nach einem dieser wunderbaren Tiere im Herzen trug. Da mein weißer Spitz Jackson aber keine großen Hunde mag, war ich auf der Suche nach einem Welpen, mit dem Hintergedanken, dass Jackson es nicht mitkriegt, dass der neue Hund immer mehr wächst. Mein Entschluss stand blitzschnell fest: Wenn es geht, gehört die Kleine mir." Herta erfuhr, dass dieser reinrassige Welpe erst vor knapp einer Stunde von einem chinesischen Ehepaar abgegeben worden war, das plötzöich wieder zurück nach China musste.

"Sofort habe ich alles Offizielle erledigt, am übernächsten Tag durfte ich sie mit nach Hause nehmen, nachdem sie sterilisiert war. Und hier lernte sie ihre beiden neuen Brüder kennen, die ich übrigens auch von der Humane Society adoptiert habe. Sie waren zunächst ängstlich und skeptisch, wenn Tessa (eigentlich wegen ihres aristokratischen Aussehens Contessa) tollpatschig und ungestüm mit ihnen spielen wollte. Aber Tiere machen das ja meist untereinander aus. Jedenfalls zeigten die beiden der Baby-Schwester  gleich, wo die Grenzen sind. Das hat sie auch akzeptiert. Na ja, nicht so ganz, wenn es um einen Knochen geht... " Nach drei Tagen gehorchte Tessa ihrem Frauchen Herta schon ein wenig und der bis dahin recht scheue Louis wurde durch Tessas Spielaufforderungen  nahezu ein kontaktfreudiger Hund. 
Mit so einem Trampolin ist die Puppy Pre School wirklich ein
Vergnügen. Ich kann schon Sitz und Platz.....

Aber auch für ein Hundebaby besteht das Leben nicht nur aus Spielen, Schmusen, Fressen und Leckerlis. Wir wollen jetzt hier nicht hochtrabend vom Ernst des Lebens sprechen, aber von der Welpen Vorschule, die ein Teil des Programms der Pasadena Humane Society ist. Sie kann jeder mit seinem Welpen besuchen. Diese Grundausbildung dauert drei Wochen mit jeweils einer Intensiv-Stunde und kostet insgesamt 75.- Dollar. (ein Tierheim adoptierter Hund kostet 55.-Dollar) Dabei gibt es richtige Homeworks für Herr und Hund. "Es ist erstaunlich, wie schnell die Hundekinder ihre Aufgaben lernen," sagt Herta Levy. "Und mit wieviel Spaß sie mitmachen. Es sind meist sechs bis zehn Hunde aller Größen und Rassen in einer Klasse - immer jünger als vier Monate - und alle sind sehr, sehr aufgeregt. "
Wenn sich nur meine Classmates  nicht immer so vordrängeln würden

Also heiß es jetzt erstmal, die Hunde zu beruhigen. An der Leine werden sie spazieren geführt, danach werden die Leinen los gemacht und die Hunde hören ihr Lieblingskommando : "Go play!" Das heißt, sie sollen sich kennenlernen: toben, schnüffeln und auch ein bisschen raufen. 15 Minuten dauert diese Spiel-Spaß-Pause, in der sie allerdings spielend Platz und Sitz lernen, sich auf Namen und Besitzer zu konzentrieren. Zur Konditionierung werden von einer CD Geräusche abgespielt wie Babygeschrei, Müllabfuhr, Flugzeuglärm, lautes Klopfen und der Hundebesitzer sitzt mit seinem Hund und Spielzeug auf dem Boden und streichelt ihn. So werden Ängste vor Geräuschen übebrückt.
Mein Degree von der Puppy Pre School. Ich war eine aufmerksame Schülerin

Übrigens wird alles Gute mit Leckerlis belohnt, das Häufchen im Garten zum Beispiel, das auf dem Teppich wird dagegen ignoriert. "Tessa hat das in drei Wochen kapiert, aber was eine Hundetür ist, verstand sie durch ihreBrüder in einem Tag. Die wilde Jagd rein raus, rein raus." sagt Herta. "Sie war bis auf ein kleines Unglückchen danach stubenein." Im Klassenraum stehen auch Alltäglichkeiten herum, die so manchem Hund Angst einjagen, wie Mülltonnen, ein Skateboard oder sogar ein Kinderwagen.   Die Besitzer müssen sich Masken aufsetzen und die Hunde sollen auch dann auf sie hören. Und sogar "Doktorspiele" werden veranstaltet, damit der Hund seine Angst vor dem Tierarzt verliert. Zum Beispiel ans Ohr fassen, die Pfoten untersuchen, den Bauch betasten oder unter den Schwanz gucken. Hinterher gib's wieder ein Treat. Klar. Nach drei Wochen ist der Treat nicht mehr essbar, sondern ein Dokument mit dem Abschluss-Degree. 
In der Puppy School bekommt man schnell eine Menge Freunde - und die Lehrerin Jessica
ist soooo lieb

Jetzt hat der Welpe seine Kindergartenreife. Fünf Wochen lang ist der KUrs und und kostet $130, wenn der Hund jedoch adoptiert war $110. Dabei  dürfen nur zehn vierbeinige Studenten anwesend sein, denn hier ist der Unterricht konzentriert steng. Alles ist aufgebaut auf dem Welpen-Programm. Es geht um Konzentration, um Vertrauen zum Besitzer, soziales Verhalten zu anderen Hunden. Und immer wird viel dabei gespielt. Da gibt's dann ein Trampolin, Rohre zum Durchlaufen, Hürden oder Bälle. Sie lernen, im Auto keine Angst zu haben und den Kommandos zu folgen. Auch hier gibt's wieder ein Degree von der Humane Society, dass der Hund die Schulreife hat. So weit ist Tessa gerade. Alles Neue wird dabei auf dem Gelernten aufgebaut. Aber bis zur Hunde-Hochschulreife dauert es noch ein bisschen -  vielleicht wird dann aus dem schlaksigen braunen Baby Tessa Frau Professor Dr. Contessa... Herta Levy meint ganz ernst: "Man kann sehr viel von Tieren lernen."

Ingrid Steinberg

Sunday, November 23, 2014

Chicago - Geschichte: Die Gebrüder Grimm - Es war nicht immer alles märchenhaft bei ihnen

Der eine hieß Jacob, der andere Wilhelm, und weil die beiden unzertrennlich waren, nannte man sie einfach “die Gebrüder Grimm”. 
Hänsel und Gretel, gut bewacht von der bösen Hexe

Die Brüder unternahmen alles gemeinsam. Sie studierten  Jura, weil das der verstorbene Vater so gewollt hatte. Sie saßen nebeneinander im Hörsaal, sie lasen dieselben Bücher.  Die beiden konnten einfach nicht ohne einander. Nach einer einzigen Trennung aus Studiengründen beschlossen die Brüder, sich nie mehr zu trennen; selbst nach Wilhelms Heirat wohnten sie weiter unter einem Dach. Dabei waren sie grundverschieden. Jacob war pedantisch und sparsam, Wilhelm dagegen gesellig, ungestüm, liebte die Unterhaltung und die Musik. Doch beide waren Realisten in der Zeit der Blauen Blume, Sprachforscher und sie gelten als Gründungsväter der Germanistik.  Sie sahen  in der fernen Vergangenheit die Wurzeln für die zeitgenössischen Zustände. So untersuchten sie die geschichtliche Entwicklung deutschsprachiger Literatur (Sagen, Urkunden ebenso wie Dichtung) und legten dabei die Grundlagen für eine wissenschaftliche Behandlung dieses Arbeitsgebietes.
Rotkäppchen und der Wolf 

Geboren und aufgewachsen in Hanau,  besuchten sie in Kassel das Friedrichsgymnasium und später die Philipps Universsität in Marburg. Hier hatten sie das Glück, dass einer ihrer Lehrer,  Friedrich Carl von Savigny, den wissbegierigen Studenten erlaubte, in seiner Privatbibliothek zu stöbern. Das taten sie dann auch reichlich. Und sie beschränkten sich dabei nicht auf deutschsprachige Urkunden. Englische, schottische und irische Quellen waren bereits in Mode; sie dehnten ihren Expansionsbereich auf Skandinavien, Finnland, die Niederlande, Spanien und Serbien aus.

Eine der ersten Ausgaben der Geschichten der Brüder Grimm

Nach dem Studium 1806 begannen sie Märchen und Sagen zu sammeln, denn die Grimmschen Märchen entstammen nicht ihrer eigenen Phantasie,  sondern wurden nach alten, meist mündlich überlieferten Geschichten, von ihnen gesammelt  und überwiegend stark überarbeitet. Die beste Quelle war dabei die aus dem Elsass stammende Dorothea Viehmann, sie kannte die meisten Geschichten, die man sich seit Generationen erzählte. Wilhelm Grimm  war es auch, der mit der kritischen Untersuchung zu Quellen und Entwicklung der Volksmärchen die Märchenkunde als Wissenschaft begründet hat.

Und noch etwas: Die unzertrennlichen  Gelehrten befassten sich ebenso mit der mythologischen Deutung von Götterbildern, schrieben über den altdeutschen Meistergesang, über altdänische Heldenlieder, über vorchristliche Glaubensvorstellungen, Balladen und Märchen und vor allem in zwei Bänden über deutsche Heldensagen, doch das nicht mit so großem Erfolg. Zu Weihnachten 1812 erschien dann der erste Band der Kinder- und Hausmärchen  und 1815 der zweite. Zehn Jahre später gaben sie dann eine “Kleine Ausgabe” heraus, mit großer Resonanz. Sie warben ihren Bruder Ludwig Emil  als Illustrator an. Er trug mit seinen Bildern eine Menge zum Erfolg der Märchen bei. Bereits zu Lebzeiten der Brüder erschienen sieben Auflagen der großen deutschen Ausgabe der Märchen und zehn Auflagen der kleinen Ausgabe. 

Jacob und Wilhelm Grimm waren gerade mal um die 30, als sie sich bereits durch ihre zahlreichen Veröffentlichungen eine anerkannte Stellung erarbeitet hatten. Sie lebten gemeinsam in Kassel, Jacob war Bibliothekar, Wilhelm Sekretär und trieben ihre eigenen Forschungen voran und wurden dafür von der Universität mit dem Ehrendoktor ausgezeichnet. Natürlich hatten sie Föderer und Gönner, darunter die Kurfürstin Wilhelmine Karoline von Hessen. Als sie 1820 starb, mussten die Brüder das elegante Haus an der Wilhelmshöhe räumen und in eine schlechtere Wohnung ziehen.
Die Brüder Grimm

Schwester Lotte, die bis dahin den Haushalt geleitet hatte, heiratete und die Brüder führten danach jahrelang einen richtigen Junggesellenhaushalt. Erst als Wilhelm im Mai 1825 Dorothea Wild geheiratet hatte, festigten sich die Lebensumstände der Brüder wieder, die weiterhin, nun zu dritt, zusammenlebten. Wilhelm und „Dortchen“bekamen bald Kinder. Aber dennoch verreisten die Brüder ziemlich oft.

Es war eine höchst kreative Zeit, Jacob arbeitete an dem bahnbrechenden Werk über die Deutsche Grammatik. Nein, nicht über das trockene Thema der Fälle oder Deklinationen. Er wollte das historische Leben, die Entwicklung und den Zusammenhang sämtllcher germanischer  Sprachen ergründen und legte damit den Grundstein für die moderne Ethymologie. Inzwischen nach Göttingen gezogen, arbeiteten beide intensiv am Deutschen Wörterbuch. 
Der Illustrator Ludwig Emil Grimm
Selbstporträt von 1813

Auch politisch waren die Gebrüder Grimm aktiv. Sie arbeiteten mit darauf hin, die damaligen deutschen Kleinstaaten zu vereinen. Jacob Grimm war sogar Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung 1848. Beide halfen mit, die Menschenrechte in Deutschland zu formulieren. Für eine Streitschrift gegen einen Verfassungsbruch des Königs von Hannover, König Ernst August I., wurden sie, und mit ihnen fünf andere Professoren, entlassen und Jacob des Landes verwiesen. Aus Spendengeldern bekamen  die entlassenen Professoren weiterhin ihr Gehalt. . In dieser Zeit entstand ihr gemeinsames Wörterbuch, “Der Grimm”, eine Bedeutungsgeschichte des jeweiligen Wortes.  
Dorothea Viehmann erzählte den 
Gebrüdern Grimm Grimm die  meisten Märchen

Drei Jahre Exil in Kassel, dann holte sie der neue preußische König Friedrich Wilhelm IV nach Berlin. Hier lebten sie 20 Jahre, angesehen und ohne finanzielle Sorgen, konnten weiter ihre Sprachforschungen betreiben.  Auch die Geschichte der deutschen Sprache entstand in dieser Zeit – ein erster Versuch, Sprachgeschichte mit Sozialgeschichte zu verknüpfen.
Als Wilhelm Grimm 1859 und sein Bruder Jacob vier Jahre später starb, waren zahlreiche Institutionen in ganz Europa stolz, sie zu ihren Ehren-Mitgliedern zählen zu können. Und auch im  Tod sind sie nicht getrennt: Sie liegen auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Und wenn man zurückdenkt, war nicht immer alles märchenhaft bei den Gebrüdern Grimm, die der Welt die berühmteste Märchensammlung schenkten.

Ingrid Steinberg

Sunday, November 16, 2014

Los Angeles: Die Geschichte der Villa Aurora - Weimar by the Sea

Die Villa Aurora
“Lasst uns zu Feuchtwangers gehen,” war das geflügelte Wort unter deutschen und deutsch-jüdischen Exilanten in Los Angeles während der dreißiger und vierziger Jahre, als in der Heimal die Progrome wüteten, der zweite Weltkrieg tobte. Denn hier, malerisch eingebettet in die sanften Hügel der kalifornischen Pacific Palisades mit weitem Blick über den Ozean, residierte das Ehepaar Marta und Lion Feuchtwanger in seiner Villa Aurora, lud die aus dem Nazideutschland geflohene Intelligentia nicht nur zum geistigen Schlagabtausch ein. Hier war man bei selbst gemachtem italienischen Salat oder frischem Apfelstrudel fern der Heimat - aber doch zu Hause - Mensch, Freund, Konkurrent... Und es flogen schon mal die Türen in manch hitziger Auseinandersetzung.
Das Münchner Ehepaar Marta and Lion Feuchtwanger sprach auch in Los Angeles noch bayerisch miteinander 
Lion Feuchtwanger Collection.

Wenn der langgestreckte Balkon hoch auf den Klippen über dem Meer erzählen könnte, würde er viel Persönliches und Menschliches über die Geistesgrößen jener Zeit ausplaudern. Denn auf dem Balkon war man privat zum Frühstück über dem blauen Meeresteppich, zum Lunch unter Sonnenschirmen oder zum abendlichen Drink unter funkelndem Sternenhimmel. Dieser Balkon würde ein Stück Feuilleton schreiben, in dem Arnold Zweig, Bruno Frank, Heinrich Mann, Franz und Alma Mahler-Werfel, Fritz Lang oder Ludwig Marcuse durchaus zugaben, dass sie unglücklich in dieser schönen neuen Welt waren, vor allem, weil sie ihr Werkzeug, ihre Sprache, verloren hatten. Auch Alfred Döblin, Albert Einstein, Arnold Schönberg, Kurt Weill oder Hanns Eisler gehörten zu den Gästen. Bald gesellten sich zu den Deutschen auch Aldous Huxley  und Charles und Oona Chaplin, wenn Lion Feuchtwanger in der Bibliothek mit den vier zusammengerückten Schreibtischen, die rund 30 000 erlesene Buchbände umfasste, aus seinem neuesten Buch vorlas. Übrigens durften Thomas Mann und Bert Brecht nie zusammen eingeladen werde, weil sie sich überhaupt nicht ausstehen konnten. 
Das Wohnzimmer in der Villa Aurora - Ein zentraler Platz für Veranstaltungen

 So wurde die Villa Aurora zum kleinen “Weimar by the Sea”. Feuchtwanger hatte das Glück, bereits ein internationaler Bestseller-Autor zu sein, und nach Ausbürgerung, Haft, Flucht, Entführung und schließlich durch amerikanische Präsidentenhilfe in den USA ohne finanzielle Schwierigkeiten leben zu können. Seinen literarischen Durchbruch hatte der ehemalige Theaterkritiker mit seinem historischen Roman “Jud Süss”.
Lion Feuchtwanger in seiner Bibliothek: Sie umfasst
30 000 Bände

Die Villa Aurora, zu deren Namen die griechische Göttin der Morgenröte Pate stand, hat ihre eigene Geschichte. 1927 wurde sie von der Los Angeles Times als “ideales südkalifornisches Heim” erbaut und tausende von Besuchern bestaunten das 22-Zimmer-Musterhaus im Stil eines andalusischen Schlosses auf einem Areal von 8 000 Quadratmetern mit Springbrunnen im Innenhof. Hier waren die damals modernsten technischen Geräte eingebaut, wie Spülmaschine, Gasherd, Waschmaschine - dazu großzügige Räume. Dennoch war die Investition für die Zeitung nicht rentabel.  Wenige Jahre später stand die Villa Aurora leer und verfiel langsam. Niemand wollte auf diesen steilen, bewaldeten Hügeln fernab der Stadt Los Angeles, ohne Schulen, Läden oder Ärzte, vor allem zu Zeiten der Rationierung des Benzins leben.
Katzenliebhaber Lion Feuchtwanger hat ohne die Zustimmung seiner Frau nichts veröffentlicht

Als Marta und Lion Feuchtwanger nach ihrer Flucht aus Europa die USA erreichten, kamen sie über New York nach Los Angeles und suchten ein passendes Wohnhaus. Die Landschaft der Palisades erinnerte sie an Italien und die Villa Aurora gefiel ihnen, obwohl alle Fensterscheiben zerbrochen waren, dichte Spinnweben im Keller hingen und der Garten komplett zugewuchert war. Lion hatte gerade seinen Roman „Die Brüder Lautensack“ an die Zeitschrift Colliers verkauft und konnte das Haus für diese 9000 $ erwerben. Für Möbel reichte das Geld vorerst nicht: Marta und Lion schliefen auf Schlafsäcken im Garten. Ein Nachbar, der Lions Bücher bewunderte, schickte einen Arbeiter, der Marta half, den Dreck, die toten Eidechsen und Mäuse wegzuschaufeln.
Lion verdiente durch den Verkauf von Büchern und Filmrechten gut und so konnten die Feuchtwangers nach und nach das Haus mit antiken Möbeln aus Second-Hand-Läden einrichten. Sie kauften einem persischen Prinzen, der weiter oben am Hügel wohnte, einen großen Orientteppich ab, legten Pfade den Hügel hinunter zum Meer an und bauten Brücken über die Schluchten. Bald konnten sich beide ohne finanzielle Sorgen ihren Interessen widmen: Marta kaufte Bäume und Lion stöberte seltene Bücher auf und legte sich eine neue, seine dritte und letzte, Bibliothek an.
Als Lion Feuchtwanger 1958 starb, vermachte seine Witwe Marta Haus und Bibliothel der University of Southern California (USC). Allerdings stellte sich nach ihrem Tod 1987 heraus, dass die Villa für etwa 650 000 Dollar  repariert werden musste. Zu teuer für eine Uni. Unterstützt von zahlreichen Künstlern und Politikern aus Deutschland gelang es jedoch dem “Berliner Kreis der Freunde und Förderer der Villa Aurora”, Feuchtwangers Schloss am Meer zu erwerben. Die notwendigen Mittel kamen vor allem vom Land Berlin aber auch von privater Seite. 1994 waren die umfangreichen Renovierungsarbeiten abgeschlossen. Im selben Jahr begann auch die Arbeit der Freunde der Villa Aurora, die den Geist des Literaten und Künstlerzirkels bewahrt und weiter trägt. Ein großes Haus der Begegnungen mit Lesungen, Konzerten und Ausstellungen, die einen lebhaften Austausch zwischen deutschen und amerikanischen Künstlern aus der Welt des Films, der Literatur, der Malerei und der Musik fördern. 
Die Gartenterrasse

Die Stiftung führt die Feuchtwanger-Idee weiter. Sie richtete ein Stipendiaten-Programm ein, das jeweils drei oder vier Künstlern aus unterschiedlichen Bereichen für drei  Monate die Chance gibt, in dieser einzigartigen Atmosphäre zu wohnen, sich inspirieren zu lassen und Kontakte zu knüpfen. Rund 250 Stipendiaten belebten seit 1995 den Geist des Ortes und wurden ihrerseits inspiriert von der US-amerikanischen Kultur und Landschaft, den Spuren der Exilanten oder anderen Künstlern, die zur gleichen Zeit in der Villa Aurora lebten und arbeiteten. Zahlreiche dieser Stipendiaten sind aus der deutschen und internationalen Kunst- und Literaturszene nicht mehr wegzudenken. 
Die Bibliothek des Bestseller-Autors

Die Chefin des Hauses, Margit Kleinman, hat mit einigen Veränderungen dem alten Haus neuen Glanz gegeben, vor allem war sie bemüht den Garten wieder ganz im Sinne der begabten Hobbygärtnerin Marta Feuchtwanger zu gestalten. Am 20. November will Margit Kleinman vier neue Stipendiadten der Villa vorstellen: Diesmal ist es ein Mädchen-Quartett, dass sich an diesem Ort deutscher Kulturgeschichte inspirieren lassen wird und sorglos arbeiten kann. 


Ingrid Steinberg

Wednesday, November 12, 2014

New York - Das Brooklyn Museum zeigte "Killer Heels - The Art of High-Heeled Shoe"

Der Verzicht auf bodenständiges Schuhwerk zugunsten taumelnder Erhabenheit ist ein Balanceakt, bei dem das Symbolische auf extravagante Weise über das Praktische triumphiert. Den kleinwüchsigen Louis IVX verwandelten Perückenmacher und Schuster in eine majestätische Figur, und mit architektonischen Wunderwerken an den Füßen erheben sich zeitgenössische Amazonen über die Häupter ihrer einstigen Unterdrücker, bis eine schiefe Bordsteinkante sie zu Fall bringt. 

Eine Auswahl von 160 grandiosen Kreationen, die ihre Trägerinnen oft um einen ganzen Kopf größer, zugleich aber auch zu hilflosen Geschöpfen machen - zeigte das Brooklyn Museum bis zum 15. Februar 2015 in der Ausstellung "Killer Heels - The Art of the High-Heeled Shoe", angefangen bei den schwindelerweckenden, bis zu 74 Zentimer hohen Venezianischen Chopinen des 15. Jahrhunderts bis zu Zaha Hadids futuristischen Behausungen für die eiligen Füße der Großstädterin. 

Während der moderne Absatz von persischen Reitern zwecks besseren Halts im Steigbügel erfunden wurde (und im Cowboystiefel überlebte), galt die gehobene Ferse an europäischen Höfen als männliches Privileg, bis Napoleon sie den Frauen als irrationale, frivole Spielerei überließ. Und so stolzieren sie in blau gefiederten Pumps von Roger Vivier, auf Rokoko-Säulen von Chanel und auf Louboutins vertikalen, roten Sohlen - der aktuellen Version der "Talon Rouges" der französischen Monarchie - über unebenes Terrain und ignorieren heroisch den pochenden Protest von 26 Knochen und mehr als 100 Muskeln. 

Sechs hypnotische Künstlervideos - unter anderem von Marilyn Minter und Ghada Amer - demonstrierten die Fetischsierung des extrem hochhackigen Schuhs zum weiblichem Phallus, zur Überhöhung der Natur im Dienste einer radikal artifiziellen Schönheit, oder zur Schimäre, wie im Falle von Iris Schiefersteins Stiefeletten aus authentischen Pferdehufen, in denen sich die Frau zur Spitzengängerin verwandelt. 

Wie kein anderes Genre der Fußbekleidung vereinigt jedoch der Stilettoschuh die paradoxe Position der Domina auf ihrem dünnen Sockel: er ist zugleich der Stachel des Skorpions und der Dorn der Eitelkeit, der sich statistisch nach 68 Minuten schmerzlich bemerkbar macht: zwei Drittel aller Stilettoträgerinnen sind schon barfüßig nach Hause gegangen. Doch angesichts des gefährlichen Glamours dieser technologischen Meisterwerke ist der 12 Zentimeter tiefe soziale Abstieg schon am nächsten Tag vergessen.

Claudia Steinberg

Monday, November 3, 2014

New York - Ausstellung bei Gagosian: “Picasso und die Kamera” - Wer kennt schon den Meister als Fotografen

Am 29. Oktober eröffnete in  der Gagosian Gallery an der 21. Straße “Picasso & the Camera” , die fünfte  von seinem langjährigen Freund  und Autographen John Richardson organisierte Ausstellung. Sie wirft ein neues Licht auf Picassos Arbeitsmethode und die wichtige Rolle seiner eigenen Fotos nicht nur als Gedächtnisstütze, sondern als kompositorisches Hilfsmittel. Der Picasso-Enkel Bernard Ruiz-Picasso besitzt einen großen Schatz an Bildern, etliche wurden aus dem Überseekoffer geborgen, der Olga Khokhlova ihr ganzes Leben begleitete und unter anderem auch ihre Ballettschuhe enthielt. Bei der Arbeit am dritten Band der Mammutbiographie entdeckte Richardson - inzwischen beim vierten Band angelangt -  eine Reihe bedeutsamer Fotos, die Picasso in Gemälde umsetzte, und er begann, die unerwartet komplexe Rolle des Mediums in seinem Werk zu erforschen.  


Picasso unterhielt wichtige Freundschaften mit Fotografen, und er war an der Ablichtung seiner Arbeiten ebenso beteiligt
wie an den Portraits, die Man Ray oder  Brassai von ihm machten. Darüber hinaus fotografierte er sich immer wieder selbst (in konfrontativer Pose, fast wie ein Repräsentant des Berufsstands “Künstler” in August Sanders Bildern). Auch aus der Ablichtung immer wieder neu gruppierter Skulpturen entstanden Gemälde, wie ein Beispiel in der Ausstellung illustriert. Gestern ergab sich unverhofft die Gelegenheit zu einem kleinen Interview mit Richardson vor Ort, und ich bin mit einem Vorabdruck des gigantischen Katalogs aus der Galerie marschiert. Die Ausstellung, die auch sehr viele Fotos von Picasso mit Familie und Freunden sowie einige seiner Filme zeigt. Die Ausstellung demonstriert auf sehr spannende Weise, mit welcher Neugier und Freude sich Picasso ein damals noch immer neues Medium aneignete.


Claudia Steinberg

Friday, October 17, 2014

New York - Ein Stück Nostalgie wird zur Vergangenheit - In "Little Italy" lebt kein einziger gebürtiger Italiener mehr

Die Fassade an der Mulberry Street mag in den italienischen Nationalfarben prangen, aber italienische Einwanderer wohnen kaum noch im Viertel
Auf dem Bürgersteig vor dem Grotta Azzurra Ristorante an der Ecke Broome und Mulberry Street wartet der Kellner auf die ersten Mittagsgäste, doch der Wind zupft an den weißen Tischdecken, die Sonne verschwindet immer wieder, und niemand nimmt Platz. So schaut der junge Mann in der knöchellangen Schürze mit verschränkten Armen dem Fernsehteam zu, das hier mit großen Scheinwerfern einen ausgeglichenen Frühlingstag für die Krimiserie “Blue Blood” zaubert. “Wir drehen oft in Little Italy”, sagt der Kabelschlepper. “Viel Atmosphäre, echtes, altes New York.” Die Türme aus farbigem Glas, die sich in den letzten Jahren wie eine neue Dynastie des Himmels über den grauen, niedrigen Dächern der nahen Lower East Side bemächtigt haben, kommen ebensowenig ins Bild wie das Schaufenster des chinesischen Massagesalons oder das Werbeschild von YanShin Tams Akupunkturpraxis. Der elegante Barbier für sorgfältig unrasierte Metrosexuals schon gar nicht.

Der schwarzen Stretch Limousine fällt es schwer, sich durch die engen und überfüllten Straßen von Little Italy zu manövrieren
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Doch auch jenseits des Kameraobjektivs regiert die Nostalgie – für den heroischen Einwanderer aus Süditalien, der seine Eltern, sein malerisches Dorf und eine herzzereißende Landschaft von Zitronenbäumen und Zypressen zurückließ, um hier mit vielen lärmenden Kindern in einer beengten Wohnung ohne warmes Wasser zu leben und dann Amerika doch sehr zu lieben. Der aktuellen, gerade veröffentlichten Volkzählung zufolge findet sich unter den 8600 Einwohnern der 30 Häuserblöcke, die einmal Little Italy ausmachten, allerdings kein einziger gebürtiger Italiener mehr. Ganze fünf Prozent sind Italoamerikaner. Keines der rund hundert Mitglieder prominenter Mafiafamilien, die kürzlich auf der Anklagebank saßen, hatte seinen Wohnsitz in
Piccola Italia. Den letzten, von der lokalen Handelsvereinigung ausgeschriebenen Tenorwettbewerb gewann ein Koreaner.

Die Mafia, in deren verschworene Gemeinde man zumindest symbolisch mit einem Nummernschild Einlaß bekommt, ist fast nur noch Folklore
Auf der vielleicht 300 Meter langen Meile zwischen Nolita im Norden und der Canal Street im Süden sind die Lampenpfosten und Hydranten rot, weiß, grün gestrichen, an der Grand Street leuchtet sogar die ganze Fassade eines alten Mietshauses in patriotischen Streifen, die renovierten Zweizimmerapartments dahinter kosten über 4000 Dollar im Monat. Als sich auf der Höhe des Immobilienbooms die Restaurantmieten im Epizentrum von Little Italy verfünffachten, flohen einige Etablissements nach Staten Island und New Jersey. Doch das Napoli, das Buona Notte und das Palermo, auf dessen Tischen Bouquets bunter Plastikblumen wie auf den Gräbern von San Michele blühen,
haben Herren in schwarzen Anzügen draußen positioniert. “Lunch?” fragen sie nur knapp, begleitet von einer kleinen einladenden Geste – zur Touristenfalle gehören hier gute Manieren, Old World-Style. 

Und wo in ganz New York würde man sonst wie vor der “Kirche des Kostbarsten Blutes” die Statue eines Heiligen finden, der echte Geldscheine in seinen steinernen Händen hält? Nur in Little Italy"
Und ein wenig Charme a la Tony Soprano, dem unwiderstehlichen Helden der langjährigen Fernsehserie im Mafiamilieu. Ein Poster des Soprano-Hauptdarstellers James Gandolfini hängt über uralten Schwarz/Weiß-Fotos von Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis im Fenster der Mulberry Bar,
die 2008 ihren hunderdsten Geburtstag feierte. Die senfgelbe Decke ist von Schwaden aus der Zeit, als man in Kneipen noch rauchen durfte, verdunkelt, den Kachelboden durchziehen schmutzige Risse, die Spitzengardinen im Hinterraum sind vergilbt. Ein Gemälde hinter Glas portrairtiert die Stammgäste der 70er Jahre wie eine Genrestudie des 19. Jahrhunderts. Ab und zu klingelt es aus der Telefonzelle in der Ecke, ein fast antikes Geräusch. Die Blondine an der Bar könnte in ein Edward Hopper-Gemälde gehören, wären da nicht die drei riesigen Flat Screens, auf denen stumm die Nachrichten laufen. Doch ein paar Rucksacktouristen sind stolz, ein Stück richtiges Little Italy gefunden zu haben. Dass hier am Wochenende Karaoke geboten wird, spricht ja nur für die Authentizität des Lokals.

In Little Italy gibt es keine Parkplätze, weder für Italiener noch sonst jemandenAdd captionAdd caption
Fodor’s New York City Guide beschreibt die letzten Überreste von Amerikas einst größter Kolonie italienischer Immigranten als “fröhlich”, empfiehlt aber die Arthur Avenue in der Bronx für einen wirklichkeitsnahen Einblick in die italoamerikanische Gegenwart. Aber da steht kein silberner Karren des Canoli-Kings auf der Straße, dort gibt es keine Gangsterfolklore und keine Rat Pack- Romantik. Und wo in ganz New York würde man sonst wie vor der “Kirche des Kostbarsten Blutes” die Statue eines Heiligen finden, der Geldscheine in seinen steinernen Händen hält? Noch immer kommen jeden September drei Millionen Besucher zur Feier des San Gennaro, dem neapolitanischen Märtyrer und Schutzpatron des historischen Distrikts, den die Stadtverwaltung schon längst mit Chinatown fusioniert hat. Die Boutique- und Restaurantbesitzer von NoLita haben bereits Einspruch gegen das zweiwöchige Volksfest eingelegt, das ihnen Grilldünste in die schicken Räumlichkeiten weht und ihre elegante Klientel vertreibt. 

Das Rat Pack wird auch heute noch, lange nach dem Tod von Dean Martin, Sammy Davis und Frank Sinatra in Little Italy verehrt. Auch die Fernsehserie "The Sopranos" ist längst Geschichte.
Aber noch immer haben nur 16 Prozent aller Amerikaner einen Reisepaß, und “die meisten US-Touristen kommen nach Little Italy, weil sie Italien erleben wollen”, meint Dr. Joseph Scelsa, der ehemalige Rektor des Italian American Institutes an der City University. Vor zwei Jahren eröffnete er in einer ehemaligen Bank an der Mulberry Street das Italian American Museum: eine Fin de Siecle Nähmaschine, ein Hochzeitskleid von 1908, Schiffsbillets von der Überseereise und ein ganzes Puppentheater gehören zu den Objekten, die Scelsa mit großer Dringlichkeit für seine Institution aus der Nachbarschaft zusammengetragen hat, bevor auch die letzten Memorabilien dieses wichtigen Kapitels in der Kulturgeschichte Manhattans verloren gegangen sind. “Little Italy wird es nicht mehr lange geben”, sagt er, “aber zumindest konservieren wir es in einem Museum.” Aber wenn die Sonne wieder hinter den Wolken vorkommt, kann man bei einem Espresso zwischen der Mulberry Street Cigar Company mit der John Wayne Büste im Fenster und dem chinesischen Souvenirladen mit seinen goldenen Buddhas die Geschichte vorbeifliegen sehen.
Claudia Steinberg





Wednesday, September 3, 2014

Reportage: Wie Klaviere sterben - nichts für Zartbesaitete: Das letzte Stündlein geliebter Tasteninstrumente

Weder Hiobsbotschaften aus Syrien noch katastrophische Wettermeldungen aus dem mittleren Westen berührten die Leser der New York Times kürzlich so tief wie eine Titelgeschichte über das unrühmliche Ende ausgedienter Klaviere auf der Müllhalde. Die Vorstellung, dass ein schön geschnitztes Piano aus Rosenholz jäh aus einem LKW stürze und mit einem letzten metallischen Aufschrei rücklings auf dem Boden landen könnte, die eleganten Beine hilflos in die staubige Luft gestreckt, um dann von den Stahlzähnen einer Monstermaschine zermalmt zu werden, entfachte einen Sturm der Empörung. Martha Taylor, Inhaberin der Immortal Piano Company, die alte Instrumente vor dem Massengrab bewahrt und in dem düsteren Artikel als einziger Lichtblick erschien, erhielt Hunderte von Zuschriften: "Die traurigste stammte von einem Mädchen aus Brasilien, das ein altes Klavier aus den USA adoptieren wollte", sagt die Restauratorin, die allein wegen des moderaten, klavierfreundlichen Klimas in Portland und nicht in ihrer Lieblingsstadt New York lebt - mal abgesehen von den Transportkosten hätte das empfindliche Objekt den Temperaturschock wohl kaum überstanden. Jeffrey Harrington, der Eigentümer eines Umzugsunternehmens in Maplewood in New Jersey, wurde dagegen mit Hate Mail bombardiert, weil er dem Times-Reporter gestanden hatte, gebrechlichen Klavieren mit dem Vorschlaghammer zu Leibe zu rücken. Die Zeitung sah sich zu einem Folgebeitrag über Wohltätigkeitsorganisationen wie Keys 4/4Kids in St. Paul gezwungen, die heimatlose Instrumente zum Wiederverkauf zugunsten von Bildungsprogrammen aufbereitet.
Noch etwas zu hoch für den genialen Knirps: der kleine Mozart am Klavier

Nach einer langen Reise über die verwirrenden Highways von New Jersey offenbart sich Harringtons abgelegenes Möbellager jedoch keineswegs als Schauplatz der Klaviervernichtung, im Gegenteil: Endlosvideos erinnern die rund 20-köpfige Belegschaft in allen Hallen und Gängen an den fachgerechten Transport von Pianinos und Flügeln. Und wenn Jeffrey Harrington morgens um fünf noch vor seinen Angestellten aus Ghana und Mexiko auftaucht, setzt er sich erst mal an eines der verwaisten Klaviere, die ihm in den letzten Jahren immer häufiger in die Hände fallen, und spielt hingebungsvoll zwischen den riesigen Rollen von Luftpolsterfolie, aufgetürmenten Holzkisten und Gabelstaplern, am liebsten Songs von Billie Joel, "A New York State of Mind". Herrington versucht, den noch wohltönenden Instumenten eine Unterkunft in Kirchen, Altersheimen oder Schulen zu verschaffen. Nur wenn sich bereits Mäuse zwischen den Saiten eingenistet haben oder in dem Kasten nichts als schiefe Töne hausen, wendet er Gewalt an.

Kein anderes Möbelstück besitzt das gleiche sentimentale Gewicht wie ein altes Klavier, doch sein Wert ist in den letzten Jahren rapide gesunken. Die Dissonanz zwischen Nostalgie und Markt liegt zum Teil daran, dass sich der tonnenschwere Gegenstand ästhetisch immer weniger in die leichtfüßigen Einrichtungen des 21. Jahrhunderts einfügt, wobei ein 50,000 Dollar Steinway Konzertflügel mit seinem klassischen Design und unnahbaren Lack natürlich über alle Moden der Innenarchitektur triumphiert. Doch die weniger aristokratischen Instrumente aus der Hochzeit der Klavierproduktion vor rund hundert Jahren haben ihre Lebensspanne, die knapp an unsere eigene heranreicht, längst überschritten. "Besonders Nicht-Spieler erliegen einem romantischen Mißverständnis von der Unsterblichkeit des Klaviers", erklärt Martha Taylor, "doch es handelt sich dabei um einen komplizierten, anfälligen  Organismus mit der Präzision einer Uhr, der zugleich einer immensen inneren Spannung unterliegt." Mit 80 sind die Gelenke müde, das Holz spröde, und selbst die besten der immer seltener werdenden Klavierstimmer und -restaurateure können diesen Greisen kaum noch Harmonisches entlocken. 

Keine Spur mehr von einstiger Noblesse: Vom Prunkstück zum Trümmerhaufen
Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die Leiter der Klavierfabriken in Amerika den Status wie jetzt die CEOs der Computerindustrie, sie wurden von Politikern hofiert", meint Larry Fine, Verleger und Chefredakteur der Brancenbibel Acoustic & Digital Piano Buyer. Schon vor der Großen Depression fiel die Pianoproduktion innerhalb von fünf Jahren um 90 % - Radio, Kino und die Abschaffung der höheren Töchter durch die Frauenemanzipation drängten das Klavier in jene Sphäre einer idyllischen Bürgerlichkeit, an die sich heutige Sehnsüchte heften. Nagelneue digitale, leichte Pianos und Keyboards mit Kunststoffkomponenten aus China, die - um den Preis der Ausbeutung von Menschen und Umwelt - weniger kosten als die Reparatur eines betagten Klaviers und oft einen ungleich besseren Klang besitzen, haben die abgekämpften Heavyweights endgültig ins Reich des Sentiments abgeschoben. Auf eBay werden mehr Klaviere zu Spottpreisen angeboten, als sich Abnehmer finden. So stehen seit Beginn der Rezession ausrangierte Klaviere immer häufiger am Straßenrand, ein ebenso surreales Bild wie die vielen an den Bordsteinen gestrandeten Motorboote, deren Besitzer sich weder ihren Unterhalt noch ihre korrekte Entsorgung leisten können.


Zumindest aber wärmen die Gebeine der klapprigsten Instrumente im Winter die Angestellten der New Yorker Firma Beethoven Pianos, die Klaviere restauriert, verkauft und vermietet, wenn sie nicht doch dem Holzofen als Schall und Rauch entschwinden. Transporterarbeiter, die sich an 1200-Pfund-schweren Exemplaren abschleppen und dabei um jeden Kratzer bangen, sollen sich in aufrichtigen Momenten gar zu einer sadistischen Freude am brutalen Ende ihrer sprerrigen Peiniger bekennen. Und auf Youtube hat sich das "piano smashing" mit fünfminütigen Beiträgen unter Titeln wie "Five Guys Are Having Fun Destroying a Piano" zu einem eigenen Genre ausgewachsen - ein Beweis für die anhaltende Popularität  der altmodischen Tasteninstrumente, denn nur Liebesobjekte laden gemeinhin so viel Wut zuteil.