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Monday, January 25, 2016

Millionen-Gerangel um Picassos Muse Marie Therese

Bis zum 7. Februar befindet sich Picassos berühmte Gipsbüste seiner Muse Marie-Théresè als Exponat in seiner großen Skupturenausstellung im MoMA noch in relativer Sicherheit. Doch kaum ist die Show geschlossen, will Larry Gagosian das kostbare Werk, das er sein Eigentum nennt, in Empfang nehmen. Schließlich hat er im Mai 2015 fast 106 Millionen Dollar für die Plastik aus dem Jahr 1931 - einer besonders produktiven Schaffensperiode des Künstlers - bezahlt. Doch das Königshaus von Katar insistiert, bereits im November 2014 über seinen Ankäufer, die Pelham Europe Ltd. in London, eine erste Anzahlung von 6.6 Millionen Dollar auf die Büste geleistet zu haben, für die ein Preis von 42 Millionen Dollar vereinbart war. In beiden Fällen soll Picassos Tochter Maya Widmaier-Picasso die Verkäuferin gewesen sein. Die 80-jährige Dame hatte die inzwischen geschlossene Pariser Firma Connery, Pissaro, Seydoux mit der Durchführung des Verkaufs an Sheik Jassim bin Abdulaziz al Thani, den Gatten der Vorsitzenden des Katar Museums, Sheika al Mayassa bint Hamad bin Khalifa al Thani betraut. 






















Offenbar hielt Mayas Tochter Diana Widmaier-Picasso, eine gute Bekannte von Gagosian, das von ihrer Mutter akzeptierte Angebot des Scheichs für viel zu niedrig: zwar lag der Auktionsrekord für eine Picasso-Skulptur 2007 bei nur 29.2 Millionen Dollar (es handelte sich um ein Portrait von Dora Maar), doch erzielten seine "Femmes des Algier" bei Christie's im vergangenen Jahr sensationelle 179.4 Millionen Dollar. Die MoMA Skulpturen-Show mit ihren hymnischen Kritiken kann auch nur eine erhebliche Aufwertung seines bildhauerischen Oeuvres zur Folge haben. Nach einer Ausstellung in Gagosians Madison Avenue Galerie im Jahr 2011, die von Marie-Thérèse inspirierte Picasso-Arbeiten zeigte, hatte man Diana längst dreistellige Summen für die ikonische Büste ihrer Großmutter angeboten.

Auf Drängen ihrer Tochter annulierte Maya Widmaier-Picasso den Vertrag mit der Königsfamilie. Gagosian behauptet, erst im Oktober durch einen Brief von Pelham, der die Entfernung der Skulptur aus dem MoMA androhte, überhaupt von den Ansprüchen des Scheichs erfahren zu haben, eine Aussage, die Pelham Europe Ltd. zurückweist. Der Galerist hat inzwischen 79,7 Millionen Dollar angezahlt, was ihn seines Erachtens seit dem 2. Oktober letzten Jahren zum rechtmäßigen Besitzer macht. Darüber hinaus hat er zu verstehen gegeben, dass die Skulptur bereits für einen Käu
fer reserviert sei, der sie in der zweiten Februar vom MoMA abzuholen gedenkt. 

Gagosian hat nun beim Gerichtshof von Manhattan Klage gegen die Pelham Ltd. eingelegt: nachdem Maya Widmaier-Picasso im April 2015 alle Zahlungen von Pelham an Connery Pissaro Seydoux zurück gezahlt hatte, stornierte das Unternehmen den Verkauf einen Monat später. Pelham prozessiert nun wegen Vertragsbruchs gegen Diana in der Schweiz und hat ein französisches Gericht darauf angesetzt, die Arbeit zu konfiszieren. Gegen den Gerichtsbeschluß, ihr die Übernahme der Skulptur zu verbieten, hat sie bereits Einspruch eingelegt. Die von Guy Bennett, dem ehemaligen Leiter des Departments für impressionisische und moderne Kunst bei Christie's, geleitete Firma soll gerade im Begriff gewesen sein, die dritte und letzte Rate für die revolutionäre Skulptur zu zahlen, als Gagosian seine Ansprüche anmeldete. Das Gericht verlangt nun von dem Megahändler, die Identität seines Käufers preiszugeben - ein Dilemma für Gagosian, der sich vertraglich sowohl zur Geheimhaltung des Namens als auch der Summe verpflichtet hatte. Gerüchten zufolge soll es sich um den notorischen Sammler - und verurteilten Finanzbetrüger - Steven Cohen handeln.

Larry Gagosian hat sich kürzlich schon einmal in rechtlichen Schwierigkeiten gefunden: vor drei Jahren beschuldigte ihn die Sammlerin Jan Cowles, ein Lichtenstein Bild ohne ihre Genehmigung verkauft zu haben. Als der reichste unter den Galeristen ist er als aggressiver Geschäftsmann berüchtigt, doch hat er es bei den Katarern mit mächtigen Gegnern zu tun: die Scheichin verfügt über einen jährlichen Einkaufsetat von einer Milliarde Dollar für das Katar Museum, und ihre Familie kontrolliert 25 Prozent des auf elf Milliarden Dollar geschätzten Kunstmarkts im Nahen Osten. In seinen Statements hat Gagosian nun nahegelegt, dass Pelham verzweifelt versuche, "ein gewissenloses Abkommen mit einer älteren Frau in schlechtem Gesundheitszustand" erzwingen zu wollen. Mayas Bereitschaft, eine wichtige Arbeit ihres Vaters weit unter Preis zu verkaufen, wurde wenig subtil  als Anzeichen kognitiver Beeinträchtigung gewertet. Vielleicht ist Maya Widmaier-Picasso nicht auf dem neuesten Stand des Kunstmarktes, vielleicht ist sie dement. Dann kommen aber auch Diana und Larry nicht sehr gut weg.

Claudia Steinberg

Idealisten-Projekt Detroit - Wie die Kunst eine bankrotte Industriestadt retten soll

“Die Hälfte aller Gebäude in Downtown Detroit ist verschwunden, aber es gibt hier immer noch Dichte”, erklärt der Unternehmer und Kunstmäzen Gary Wasserman vor der Kulisse jenes eleganten Hochhauses, das den Anfang der endlosen Woodward Avenue markiert. Wie rund 80 andere Wolkenkratzer wurde auch dieser weiße Turm, der dem Architekten Yomura Yamasaki als Vorlage für das World Trade Center diente, kürzlich von dem Versicherungsgiganten Quicken Loans für eine Million Dollar gekauft - und Detroit damit einen Schritt vom Abgrund zurück geholt. Verglichen mit Chicago oder gar Manhattan wirkt die verbliebene vertikale Architektur, zu der spektakuläre Bauten aus der Hochzeit der Motor City um den zweiten Weltkrieg herum gehören, eher spärlich. Doch Wasserman wird nicht müde, über seine zerrissene Heimatstadt als ein “urbanes Laboratorium für eine noch zu entwickelnde Stadtform des 21. Jahrhunderts” zu sprechen. Als er vor fünf Jahren hörte, dass junge Künstler verwaiste Nachbarschaften besiedelten, zog er aus seinem Zufluchtsort in Florida zurück nach Detroit, “eine gescheiterte postindustrielle Stadt mit reichhaltigen Ressourcen.” Voller Zuversicht eröffnete er inmitten der Misere eine Galerie. Heute hält er den damaligen Optimismus für nur zu fünf Prozent berechtigt - und kann ihn doch nicht begraben. 

Der beligische Künstler Koen Vanmechelen, der sein Cosmopolitan Chicken Project in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Detroit/Wasserman Project nach Detroit bringen will, vor einem Wandgemälde auf dem Großmarkt.

So vermochten die kreativen Pioniere das Schicksal der einstigen Industrie-und Kulturmetropole kaum eigenhändig zu wenden, aber sie stelltem dem “Detroit-Lamento” erstmals eine Hoffnungsbotschaft gegenüber: statt “Ruinen-Porno”, wie die Einheimischen die voyeuristische Bilderflut von verwitterten Villen, verlassenen Bahnhöfen und verkommenen Prachtkinos nennen, propagierten die furchtlosen, aus ihren überteuerten Ursprungsorten vertriebenen Immobilienopportunisten eine Detroit-Renaissance - der Motor sollte  diesmal die Kunst, das Handwerk und eine kleinformatige Biolandwirtschaft auf Motowns immensem Brachland sein.

Die Künstlerin Nancy Mitchnick, die nach vielen Jahren als Harvard-Professorin nach Detroit zurückkehrte und nun die verfallenen Häuser der Stadt zu ihrem malerischen Sujet erklärt hat, in ihrem Atelier.




Tatsächlich ist die kulturelle Infrastruktur der seit einem halben Jahrhundert dem Untergang entegensinkenden Stadt dank einer Gruppe passionierter Finanziers weiterhin funktional: im Opernhaus kann man nach wie vor eine Aida-Aufführung mitsamt Elefanten erleben, und das Detroit Art Institute gilt als eines der bedeutendsten Museen der USA. Kaum eine Kunstakademie ist so luxuriös ausgestattet wie das Cranbrook College in Birmingham jenseits der Eight Mile Dekarmationslinie, die die zu 82 Prozent afro-amerikanische City von ihren wohlhabenden Vororten trennt. Der von Eliel Saarinen und seinem Sohn Eero angelegte Kampus mit dazugehörigem Museum bringt mehr und mehr Künstler hervor, die nicht mehr nach New York oder Los Angeles, sondern in die verwilderte Stadt nebenan ziehen. Die rund 80,000 abbruchreifen Wohnhäuser und die 20,000 unrettbar verrotteten Industriebauten von Detroit sind für etliche von ihnen eine Inspiration: Cranbrook-Absolvent Charlie O’Geen zum Beispiel reduzierte sein 72 Quadratmeter großes Reihenhaus in der Arbeitersiedlung Hamtramck nahe der längst stillgelegten Dodge Fabrik auf sein Skelett und katalogisierte jeden Balken und jede Diele mit der Akribie eines Archäologen. In die entkernte Hülle baute er aus dem entfernten Malerial eine minimalistische, funktionalistische Kapsel. Ein verwüstetes Haus gegenüber wird er einer ebenso analytischen Neukonstruktion aus seinem ursprünglichen Innenleben unterziehen. 

Der New Yorker Künstler Markus Linnenbrink (ursprünglich aus Dortmund) und der Architekt und Designer Nick Gelpi in ihrem Pavillon - sie haben den beweglichen Veranstaltungsraum, der in der Detroiter Kunsthalle steht, gemeinsam entwickelt.

Im selben Viertel rehabilitieren der Künstler Mitch Cope und die Architektin Gina Reichert seit 2009 im Rahmen ihres Powerhouse Projects etliche bescheidene Häuser zu Kunst- und Performanceräumen, darunter auch ein Sound House - wenn es möglich ist, einen Bungalow für $ 500 auf einer Auktion zu ersteigern, kann man es sich wohl auch leisten, ihn in einen reinen Resonanzkörper zu verwandeln. Die Interventionen der Non-Profitorganisation haben den vor kurzem noch so desolaten Straßen eine Vitalität injiziert, die andere Idealisten anlockt, wie die international bekannte Künstlerin Swoon. Die meisten Fassaden an der Moran Street sind beispielsweise mit Trophäen aus den Trümmern der von einst zwei Millionen auf weniger als 700,000 Einwohner dezimierten Stadt dekoriert - man denkt an die Behausungen eines entlegenen Stammes, wild und trotzig. Nicht unverwandt dem legendären Heidelberg Project des Künstlers Tyree Gayton, dessen mit Spielzeug, Schallplatten und anderen Fundstücken bespickte Häuser jährlich rund 300,000 Touristen anlocken. Sein seelenverwandter Kollege Olayami Dabl hat ebenfall ein verfallenes Gemäuer zu einem Outsider Art Palast transformiert, dem die Stadt Detroit gerade Legitmität bescheinigte.
Der Künstler Olayami Dabl, der eine Detroiter Ruine in jahrelanger Arbeit zum Kunstwerk verwandelt hat - inzwischen ist auch die Stadtverwaltung, die ihn zunächst bekämpfte, auf seiner Seite.

Bester Beweis dafür, dass nun auch von offizieller Seite die Bedeutung der Kunst für die brankrotte Stadt erkannt wurde, ist die Verwandlung des Eastern Markets in ein Atelierviertel. Der 1891 gegründete Großhandelsmarkt ist der älteste in den USA und erstreckt sich über 20 Hektar, seine Stände und Hallen sind schon lange ein beliebter Hintergrund für Hochzeiten und Bar Mitzvahs, den Ansprüchen einer modernen Lebensmittellagerung entsprechen sie jedoch nicht mehr. Die Kresge Foundation, eine jener mächtigen Stiftungen, ohne deren Unterstützung das Kulturleben längst abgestorben wäre, hat bereits 40 M Dollar für das 


Der Industrielle und Philanthrop Gary Wasserman vor seiner Kunsthalle, die das Bindeglied zur Detroiter Museumsmeile und dem Großmarkt sein soll. 


Detroiter “SoHo” bereit gestellt. Der Markt wird in ein zeitgemäßes Quartier in der Nähe umziehen - an Platz mangelt es in der 138 Quadratmeilen großen Stadt schließlich nicht. Gary Wasserman hat seine im September eröffnete Kunsthalle in der ehemaligen Reparaturwerkstadt der Feuerwehr bereits mit Blick auf die Zukunft positioniert: der elegant renovierte Ziegelsteinbau sitzt auf der Achse zwischen dem Eastern Market und Midtown mit seinem Detroit Institute of Art (DIA), dem Museum of Contemporary Art Detroit (MOCAD) und George N’namdis Zentrum für zeitgenössische Kunst, einer der wichtigsten, der Abstraktion verschriebenen Galerien am Ort. Wasserman Projects soll als Bindeglied zwischen den etablierten Institutionen und dem neuen Künstler- und Produzentenviertel fungieren.




Während in New York und anderswo der Mechanismus der Gentrifizierung Künstler aus den von ihnen urbar gemachten Armenvierteln mitsamt den ursprünglichen Anwohnern vertreibt, ist in Detroit die Kolononisierung von Niemandsland durch kreative Individuen eine der wenigen erfolgsversprechenden Strategien. “Es ist alles noch sehr fragil”, sagt Wasserman und erwähnt die Arbeitslosenrate von 50 Prozent. Doch der Fall des Texaners Christopher Schanck, der an Cranbrook 3-D Design studierte, macht Hoffnung: vor fünf Jahren begann er in seinem winzigen Haus in Hamtramck mit der Herstellung opulenter, mit Gold- und Silberfolie bezogener Styropormöbel, bei deren Herstellung seine Nachbarn aus Bangladesch, Pakistan und dem Yemen halfen. Der New Yorker Designer Peter Marino entdeckte Schanck, heute stehen seine Stücke bei Dior und Vuitton. In den nächsten Monaten wird er seine Produktion in eine riesige leere Artilleriefabrik verlegen und damit weitere Arbeitsplätze schaffen. Schancks Galerist Paul Johnson hat gerade eine Kathedrale gekauft<b399dc4b-a09f-416a-90b0-9a1bdf2c4d7e.jpg>, die er zu Künstlerstudios renovieren will. 

Frischer Sound für alte Botschaft - Start der ersten kirchlichen Popakademie in Westfalen













Ab September 2016 wird es erstmals in Europa eine kirchliche Popakademie geben. Die Evangelische Kirche von Westfalen will Kirchenmusiker für Popularmusik, also Rock, Gospel, Pop und Jazz ausbilden.
Nein, Kompositionen von Bach und Pachelbel oder Chorsätze von Rilling sollen nicht aus den Gottesdiensten und dem musikalischen evangelischen Gemeindeleben verbannt werden. Doch inzwischen dominieren neue Popsongs mit christlichen Inhalten vermutlich in mehr als der Hälfte des Gemeindealltags. Mit der Gründung ihrer Popakademie will die Evangelische Kirche in Westfalen dem Rechnung tragen - über die Ausbildung klassischer Kirchenmusiker hinaus.
Neue Szene
Seit den 1960er Jahre gibt es eine überwiegend im Protestantismus verankerte geistliche Musikszene, die neue Glaubenstexte in einen zeitgemäßen musikalischen Sound betten. Daraus ging eine ansehnliche Zahl christlicher Bands, Chöre und Einzelinterpreten hervor, die den Vergleich zur säkularen Musikszene zu keiner Zeit scheuen musste. Eine wachsende Konzertkultur, neue Liederbücher und engagierte Musikverlage trugen dazu bei, dass Gitarre, Schlagzeug und Saxophon den Weg in die Gemeinden fanden.

Landeskirchenrat Dr. Vicco von Bülow


“Die evangelische Kirche ist musikalisch mehrsprachig”, sagt Landeskirchenrat Vicco von Bülow im DW-Interview. Immer häufiger komme aus den Gemeinden der Wunsch nach mehr Förderung neuer Musik. Das wirke sich auch auf das Anforderungsprofil bei Stellenausschreibungen für Kirchenmusiker aus. Da es bisher keine richtige Ausbildung für Popularmusik gegeben habe, werde sich das ab September 2016 ändern, so von Bülow, der für die gesamte Kirchenmusik seiner westfälischen Landeskirche zuständig ist.
Qualitätsoffensive
Etwa zehn Studenten können pro Semester aufgenommen werden. Nach acht Semestern haben sie einen Abschluss als Bachelor in der Tasche und sind dann hauptberufliche Pop-Kirchenmusiker. Ein Masterstudiengang ist in Vorbereitung. Als Standort ist Bochum oder Dortmund im Gespräch.
Als “Qualitätsoffensive” wird das Vorhaben von den Initiatoren bezeichnet. Deshalb hielten sie nach besonderen Mitwirkenden Ausschau. Prorektor der Akademie wird Hartmut Neumann, bisher Kirchenmusikdirektor für den Fachbereich Popularmusik der Nordkirche in Hamburg. Er bringt ebenso reichlich Erfahrung mit wie Dieter Falk. Der gehört zu den erfolgreichen Musikern und Produzenten sowohl der säkularen als auch der christlichen Musikszene. Über 50 Platin- und Goldene Schallplatten für mehr als 20 Millionen verkaufte Tonträger schlagen für ihn zu Buche. Der künftige Professor der Popakademie hat deren Gründung von Anfang an als Herzenssache begleitet.
Dieter Falk in seinem Düsseldorfer Studio



Man habe viel vor mit den künftigen Studierenden, so Dieter Falk im DW-Gespräch. “Da ist das breite Paket des Popmusikers mit den Hauptfächern Klavier und Gitarre. Dann Chorleitung, Arrangement, der theologische und liturgische Aufbau von Gottesdiensten, Songwriting, Tontechnik, das Managen von Konzerten.” Wichtig sei auch die Bandleitung: “Ein Kirchenmusiker muss in Zukunft mit einer Konfirmanden-Band vielleicht mal einen Rihanna-Titel für einen Schulgottesdienst einstudieren.” Im Gemeindegottesdienst sei noch überwiegend der klassische Choral angesagt. Deshalb sei es auch ein Ziel “mit den neuen popmusikalischen Kirchenmusikern Choräle anders zu begleiten, sie groovie zu machen.”
Nicht nur für Popmusik-Studenten
Die Kompetenz der neuen Popakademie solle jedoch nicht allein den Studierenden zugute kommen, unterstreicht Vicco von Bülo. Vielmehr wolle die Kirchenleitung, auch all jene fortbilden, die sich neben- oder ehrenamtlich in der Kirchenmusik engagieren. “Das beginnt mit den Erzieherinnen in evangelischen Kindergärten, die wir befähigen wollen, eine Gitarre in die Hand zu nehmen und mit den Kindern etwas zu singen. Das geht weiter über Gemeindepädagogen, die in der Jugendarbeit oder in sozialen Diensten tätig sind. Wir wollen Fortbildungen anbieten, die für alle geöffnet sind, die Interesse daran haben.” Bereits bestehende Angebote rund um die Musik sollen hier ebenfalls integriert werden.
Dieter Falk mit 3.000 Chorsängern bei der Probe zum Pop-Oratorium “Luther” in der Dortmunder Westfalenhalle. Der umjubelten Premiere im Herbst 2015 folgt im Reformations-Jubiläumsjahr 2017 eine große Deutschlandtournee



Was noch fehlt
Wenn alles nach den Vorstellungen der westfälischen Kirche läuft, wird es in absehbarer Zeit also qualitativ mehr hochwertige zeitgemäße Musik geben. Die aber ist nur der eine Teil. Wie steht es um gute, verständliche geistliche Texte? Vicco von Bülow meint, “Gospel, Rock, Pop und Jazz mit christlichen Texten zu versehen - da wird es ganz stark darauf ankommen, dass wir Menschen mit entsprechenden Fähigkeiten anregen können.” Weil es keinen eigenen Ausbildungsgang innerhalb der Popakademie gebe, sei man auf Kooperationen angewiesen. Allerdings weiß von Bülow: “Gute Kirchenmusiker finden immer gute Texter.”

Dieter Falk ist davon überzeugt, “dass wir später in einem Songwriting-Prozess auch Text-Workshops mit ausgezeichneten Textern anbieten müssen.” Schließlich gebe es in der Musik gerade eine “deutsche Welle” wie noch nie.

Goslar - Konzeptkünstler Jimmie Durham erhält den Kaiserring

Der amerikanische Menschenrechtsaktivist und Künstler Durham wird mit dem Goslaer Kaiserring 2016 ausgezeichnet. Die Jury lobte die Vielfalt der Werke des 75-Jährigen.



Der Kunstpreis Goslaer Kaiserring geht in diesem Jahr an den Konzeptkünstler, Autor und Menschenrechtsaktivist Jimmie Durham. Das Werk des US-Amerikaners sei einzigartig und könne keiner künstlerischen Bewegung zugeordnet werden, erklärte die Jury zur Begründung. Es gehe über alle vorhandenen Klassifizierungen hinaus.
Das Schaffen des 75-Jährigen beinhaltet Skulpturen, Installationen, Malerei, Zeichnungen, Performances, Videos und Fotografien. Oft entstehen seine Werke aus dem Prozess der Zusammen- und Gegenüberstellung von Werkstoffen oder gefundenen Objekten, hieß es von der Jury.
Durham begann 1964 als Bildhauer zu arbeiten. Gleichzeitig war er in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung politisch aktiv, unter anderem für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner. Nach einem Kunststudium in der Schweiz kehrte er zunächst in die USA zurück, wo er in den 1970er Jahren Mitbegründer und Vorsitzender des International Indian Treaty Council bei den Vereinten Nationen war. Im Anschluss an einen mehrjährigen Aufenthalt in Mexiko ließ sich der Künstler 1994 in Europa nieder.
Durham hatte weltweit zahlreiche Einzelausstellungen, darunter in Berlin, München, London oder Antwerpen. Er war mehrfacher Teilnehmer großer Kunstausstellungen wie der Documenta in Kassel und der Biennale in Venedig. Der Künstler lebt heute in Berlin.
Die Auszeichnung werde Durham am 8. Oktober in Goslar entgegennehmen, teilte Oberbürgermeister Oliver Junk (CDU) mit. Für bildende Künstler zählt der undotierte Goslarer Kaiserring zu den weltweit höchsten Auszeichnungen. Preisträger 2015 war der aus der Ukraine stammende Fotokünstler Boris Mikhailov. Auch Christo, Joseph Beuys, Max Ernst und Georg Baselitz wurden schon mit dem Kaiserring gewürdigt.