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Wednesday, December 23, 2015

Reise: Marienbad - ein Kurz-Kurlaub in einem der berühmtesten Badeorte Europas

Irgendwie hatte ich den Film “Letztes Jahr in Marienbad” von 1961  im Sinn - obwohl ich mich nicht mehr so genau an den Inhalt erinnern konnte, als meine Familie daran dachte, eine Kurzkur in Tschechien zu unternehmen. Die Frage war: Karlsbad, Marienbad oder Franzenbad - wir kannten nichts davon - und da ich den Film noch immer im Kopf hatte, kam Marienbad in die enge Wahl. Dabei lernten wir, dass diese drei Kurorte nahe der deutschen Grenze, die vor 200 Jahren zu den berühmtesten der Welt zählten, einst Zentrum des gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens waren. 
Die berühmten Kolonaden, in denen man seinen Gesundheitsbrunnen zu sich nimmt


Noch ein bisschen Geschichte: Am Anfang des 20. Jahrhunderts erreichte Marienbad seine Vollblüte. Der Name Marienbads überquerte weit die österreichisch-ungarische Grenze. In der Kursaison verweilten in Marienbad bedeutende Adelige, Künstler und Unternehmer. Seinen Sommeraufenthalt hat hier der mächtigste Regent der Welt verbracht, der englische König Edward VII. Im Jahre 1904 hat ihn in Marinenbad der österreichische Kaiser Franz Josef I. besucht. Namen, mit denen Marinebad am häufigsten verknüpft wird, sind abgesehen vom englischen König, der deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang Goethe, der Psychoanlytiker Siegmund Freud oder der geniale Komponist und Klavierspieler, aus Polen,  Fryderyk Chopin.  Die Prominentenliste ließe sich fast endlos fortsetzen. 

Die Kolonnaden von aussen

Meine Schwester, meine Tochter und ich entschlossen uns also für Marienbad und wurden völlig überrascht.  Die Tradition, der alte Glanz, der Charme vergangener Jahrhunderte  begleiteten uns auf Schritt und Tritt. Man spaziert durch wunderschöne Parkanlagen und bewundert die eleganten Badehäuser und die prächtigen Villen. Und das Beste: Egal, ob Nobelhotel oder einfache Pension, alles ist bezahlbar und man bekommt mehr für sein Geld, als man erwartet. Wichtig ist nur, rechtzeitig zu buchen, denn die besten Zimmer sind schnell belegt. 

Marienbad verfügt über rund 40 Mineralwasserquellen, zahlreiche Wanderwege und sehr gute Luft. Die Gemütlichkeit der Stadt versetzt den Besucher in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts zurück


Wir hatten Glück mit unserer Spontanbuchung in einem Haus aus dem Jahr 1880 - das verrät die Fassade - aber innen war es modern renoviert:   Ein Doppelzimmer in diesem  Vier-Sterne Hotel kostete pro Person 380.00 Euro für sieben Tage. Drin im Preis: Vollpension mit Frühstück, Lunch und Dinner, dazu zehn Behandlungen. Für ein paar Euro kann man aber noch mehr  Behandlungen bekommen. Wir sind zum Beispiel fast jeden Abend vor dem Dinner ins Nachbarhotel zum Schwimmen im Warmwasser-Bassin gegangen. Übrigens ist auch die kulinarische Szene mit hübschen Restaurants und original tchechischer  Menükarte absolut einen Besuch wert.

Die Fassaden der Hotels glänzen noch in alter Pracht, doch dahinter verbirgt sich elegantes Interieur und modernste Spa-Technik

Direkt vor unserem Haus war eine Bushaltestelle. Überhaupt sind in Marienbad - wahrscheinlich auch in den anderen Städten - die Bus-und Bahnverbindungen fabelhaft, davon kann man nur träumen, wenn man wie ich  in Los Angeles wohnt. Also haben wir kleine Sightseeing-Touren in die waldreiche Umgebung mit hübschen Orten - mit den für deutsche Zungen unaussprechlichen Namen - unternommen. Mit dem eigenen Auto sind wir dann allerdings nach Pilsen gefahren, schließlich ist Tschechiens berühmte Brauerei-Metrople 2015 Kulturhauptstadt Europas. Aber Pils ist in Pilsen nicht alles - obwohl sich auch für Nicht-Biertrinker eine Brauerei-Tour absolut lohnt.  

Der dichte Kaiserwald rahmt die Stadt ein. Hier sollen nachts Märchengestalten spuken

Die gotische St-Bartholomäus-Kathedrale ist das Wahrzeichen von Pilsen. Die Rundum-Aussicht vom Turm ist großartig. Der zentrale Platz der Republik ist seit der Gründung von Pilsen 1295 einer der größten Stadtplätze Europas.  Die große Freifläche im Zentrum neben dem Rathaus und der Kathedrale säumen wunderschöne Bürgerhäuser aus Renaissance und Barock. Und in Pilsen hat das Puppenspiel eine lange Tradition, also ist ein Besuch im Marionetten-Museum fast ein Muss. Ich konnte mich kaum von den kunstvollen Puppen trennen. Es war nur sozusagen eine Momentaufnahme, aber ich habe beschlossen, wiederzukommen.  Ebenso haben wir auch Marienbad noch nicht abgeschlossen und planen ”Nächstes Jahr in Marienbad”...

Ingrid Steinberg

Thursday, October 8, 2015

Wie die Guerrilla Girls den von Männern dominierten Kunstmarkt aufmischen

“Wenn Sie sich mal nicht so recht trauen, Ihre Meinung zu sagen, dann setzen Sie eine Maske auf: Sie werden gar nicht glauben, was da so aus ihrem Mund kommt”, rät Frieda Kahlo, Guerilla Girl der ersten Stunde, den Zaghaften. Seit nunmehr dreißig Jahren verstecken sich die Mitglieder der feministischen Gruppe hinter den Pseudonymen historischer Künstlerkolleginnen wie Kahlo und Kollwitz, Höch und Martin - und natürlich unter Gorillaköpfen. Die Idee zur grotesken Kostümierung entstammte einem Schreibfehler, der Untergrundkämpfer mit Menschenaffen verwechselte, die Anonymität gehört dagegen zum Grundkonzept: über die Jahrhunderte hinweg lastete die Unbekanntheit als Fluch über Künstlerinnen, doch die alten, jungen, afroamerikanischen, weißen, lesbishen und heterosexuellen Frauen hinter den Masken wählten sie als Schutz vor den potentiellen Vergeltungsmaßnahmen einer inzestuösen Kunstwelt. Denn die Girls - ihr Titel geht der Girrrl Power Bewegung um zwei Jahrzehnte voraus - kamen mit der Intention, zu schockieren, zu informieren, und zu blamieren: ihre Künstlerfreunde, die sich nicht für sie einsetzten, die Galeristen, die ihre Arbeiten ignorierten, die Kritiker, die sie nicht ernst nahmen, die Museen, die Werke alter Meisterinnen wie Artemisa Gentileschi und Judith Leyster in ihren Kellern eingemottet hatten. Mit einem brutalen Gegenschlag war zu rechnen.

Eine 1984 von Kynaston McShine im MoMA organisierte internationale Gruppenshow mit rund 200 Männern und nur 17 Frauen hatte den urspründlichen Stein des Anstoßes geliefert und die Freundinnen zur Teilnahme an einer Demonstration vor dem Museumseingang angestachelt. Niemand beachtete die zum Boykott der Institution aufrufenden Frauen - in einer Ära, als bahnbrechende Ausstellungen wie “Zeitgeist” in Berlin, “The Expressionist Image” in New York und “New Spirit in Painting in Londons” insgesamt unter 102 männlichen Künstern drei weibliche Kolleginnen präsentierten, zählte Sexismus offenbar zur Tagesordnung. So begannen die Partisaninnen, bewaffnet mit Statisken und Humor, in einer Aprilnacht 1985 mit ihrer Untergrundarbeit: am nächsten Morgen stellten Poster den samstäglichen Kunstflaneuren in ganz Soho die Frage, was 42 so unterschiedliche Künstler wie Arman, Eric Fischl und Bruce Nauman gemein hätten: sie stellen in Gallerien aus, die weniger als 10 Prozent - oder gar keine - Frauen zeigen, lautete die Antwort.

Mit dieser ersten Kampagne etablierten sich die Guerilla Girls auf Anhieb als selbsternanntes “Gewissen der Kunstwelt” - die New York Times Kritikerin Roberta Smith entschuldigte sich kleinlaut für ihre männerlastige Berichterstattung, genierte Museumskuratoren gaben zu, sich ihrer unfairen Ausstellungspraxis gar nicht bewußt gewesen zu sein. Derlei Bekenntnisse beschwichtigten die maskierten “Mädchen” keineswegs, sondern stifteten sie zur immer tieferen Analysen der Diskrepanz zwischen der Geschlechterrepräsentanz in den Kulturinstitutionen an. “In den ersten zwei, drei Jahren begriffen wir, dass die Kunstwelt weit hinter dem Rest der Welt hinterher hing - hinter medizinischen Fakultäten, hinter dem Rechtswesen und der Geschäftswelt, wo man sich um die Einbeziehung von mehr Frauen bemühte,” erklährt Kahlo. Die vermeintliche Avantgarde entpuppte sich als trödelnde Nachhut. 

Selbst progressive Institutionen wie das Bauhaus trugen Mitschuld an der Misere: Walter Gropius hatte keine Frauen in die Malereiklassen zugelassen und kreierte stattdessen einen Textilworshop für die vielen hoffnungsfrohen Bewerberinnen, die seinem Ruf einer offenen Schule auf den Leim gegangen waren - und sie revolutionierten das marginale Feld von Grund auf. Die von der feministischen Kunsthistorikerin Linda Nochlin in einem berühmten Essay von 1971 gestellte Frage, warum es keine großen Künstlerinnen gegeben habe, formulierten die Guerilla Girls entsprechend um: “Was ist mit all den großen Künstlerinnen passiert?” Sie webten fantastische Teppiche und Tapisserien. 

Lange bevor das Data Mining detaillierte Informationen über Vorlieben und Gewohnheiten eines jeden Erdbewohners akkumulierte, erstellten die Guerilla Girls akkurate Profile instutioneller Geschlechterpräferenzen - und zwar ohne Computer. Ihre Methode schlichter Quantifizierung resultierte 1989 in einem ihrer berühmtesten Poster:  “Muß eine Frau nackt sein, um ins Metropolitan Museum zu kommen?” will Ingres’ weiblicher, nur mit einer Gorillamaske bekleidete Odaliske wissen. Angesichts der Erhebung - weniger als fünf Prozent der Künstler in Amerikas wichtistem Museum sind Frauen, aber 85% der Akte sind Frauen - eine berechtigte Frage. Auch heute noch: die aktuelle Zählung förderte nur einen minimalen Unterschied zutage, inklusive der zeitgenössischen Abteilung. Überhaupt ist die Arbeit der Guerilla Girls keineswegs getan: nach der letzten Erhebung vom April 2015 sind Frauen in der gegenwärtigen Selektion aus der permanten Sammlung des MoMA - ihrer ursprünglichen Bete Noire - nur zu sieben Prozent vertreten. Um die Jahrtausendwende machte die Gruppe, die zwischenzeitlich 30 Mitglieder zählte und einige Ableger zeugte, Vorstöße in die Filmindustrie: ein “anatomisch korrekter” Oscar mit Hängebauch und dem Kopf des reaktionären US-Senators Trent Lott prangte auf einem Hollywood-Billboard, von skandalösen Zahlen begleitet: keine Spielfilmregisseurin oder Kamerafrau wurde je mit der Trophäe bedacht, und nur drei Prozent aller farbigen Schauspieler haben jemals den Golden Boy gewonnen. Und das in einer Industrie, die sich als besonders liberal versteht - ein fruchtbares Feld für die subversiven Datenanalytikerinnen. Die Eskalation des Kunstmarkts zum Investorenparadies verlangt dieser Tage jedoch die ungeteilte Aufmerksamkeit der versierten Kämpferinnen: warum, erkundigen  sie sich empört, sollten ein paar unternehmerische Kunstsammler das Privileg besitzen, die - unsere! - Kunstgeschichte zu definieren? Entscheiden, wer vorkommt? Schon 1987 spielte eine Spionin im Whitney Frida, Hannah, Atemisa & Co. Dokumente über die Korrumpierbarkeit der Treuhänder zu, aus denen eine wichtige Ausstellung über die wahren Autoren der Kunstgeschichte wurde.

Inzwischen betrachtet das Whitney Museum die ausdauernden She-Apes als Mitlgieder der Kunstweltaristokratie und kaufte kürzlich das gesamte GG Portfolio von 88 Plakaten sowie Ephemera von 1985 bis in die jüngste Vergangenheit. Das gilt auch für Walker Art Museum, das den Guerilla Girls im Januar 2016 eine große Retrospektive widmet, Dem Galeriebetrieb haben sie sich jedoch immer verweigert, stattdessen offerieren die Rebellinnen ihre Poster online für $ 20. Ironischerweise wird eine von ihnen in ihrem Doppelleben als Künstlerin von Mary Boone vertreten - auf dem Zeugnis, das die Girls 1986 17 Galeristen ausstellten, wurde die Art World Diva mit dem Vermerk “Boy Crazy” charakterisiert: sie hatte keine einzige Künstlerin im Programm. Vor ein paar Monaten griff das feministische Kollektiv Pussy Galore (benannt nach der blonden Protagonistin im James Bond Film “Goldfinger”) die Statistik ihrer Vorgängerinnen auf: der Frauenanteil bei Boone ist in den letzten 29 Jahren auf 13 Prozent gestiegen, doch fehlt der neuen, nüchternen Pussy-Liste der typische GG-Charme: “Versager”, “kein Fortschritt”, “Bleib am Ball” hatten sie wie strenge Lehrerinnen hinter die Ziffern geschrieben. Nachsicht ist auch heute nicht von ihnen zu erwarten, denn “Jahrtausende des Patriarchats lassen sich nicht von 50 oder 150 Jahren feministischen Drucks wegwischen”, sagt Kahlo. “Aber früher mußten wir die Leute noch davon überzeugen, dass die Situation falsch war. Heute brauchen wir sie nur daran zu erinnern.” Zum Beispiel mit einem freundlichen Schreiben an den Teuersten Sammler:  “Wir sind darauf aufmerksam geworden, dass Ihre Sammlung - wie die meisten - nicht genug Kunst von Frauen enthält. Wir wissen, dass Ihnen das furchtbar unangenehm ist und Sie die Sache umgehend wieder ins Lot bringen werden.”

Claudia Steinberg

Zäh, unersetzlich und unabhängig - Der amerikanische Buchhandel setzt sich gegen das elektronische Wort durch

Wie einen Ehrentitel trägt die New Yorker Buchhandlung “Three Lives & Co.” das selbst vergebene Attribut “anachronistisch” - in dem 60 qm großen Eckladen an der Kreuzung Waverly und 10th Street, zwischen deckenhohen Regalen und überladenen Büchertischen nistet noch das Flair der Boheme, das der Wall Street Wohlstand dem Village ansonsten ausgetrieben hat. Drei “schwere Stürme”, sagt Eigentümer Toby Cox, hat dieses vor einem knappen halben Jahrhundert von drei Frauen ins Leben gerufene Relikt mit der Zinndecke und den abgetretenen Dielen überstanden: “Die Ladenketten, den E-Reader, und Amazon.” Den Hurrikan der Großen Rezession erwähnt er nicht mal. Doch den unabhängigen Bücherstuben, die 2008 in der Wirtschaftskrise nicht untergingen, geht es heute wider Erwarten besser als zuvor. Das vermeintlich unzeitgmäße Vertrauen in bedrucktes Papier und Patina erweist sich plötzlich als aktuelles Antidot zum ephemeren elektronischen Wort, das “kuratierte Angebot” triumphiert über das Surfen in der unberechenbaren Datenflut, Lokalismus über Globalismus.

“Bildschirmerschöpfung” diagnostiziert Stephen Sparks, Einkäufer des Green Apple Bookstores - einer literarischen Institution in San Francisco seit 1976 - nicht nur bei seiner Kundschaft aus der lokalen High-Tech-Industrie: “Allein 2014 zählte die American Book Association 59 neue Buchhandlungen in den USA, E-Books stagnieren dagegen schon seit einer Weile.” Im vergangenen August eröffnete Green Apple ganz in der Nähe des Stammhauses eine Filiale, und seither entfliehen Google und Startup-Nerds scharenweise den endlosen, abstrakten, von effizienten Energiedrinks wie Schmilk getragenen Tagen am Computer in die stille Gemeinde der Bücherfreunde am Golden Gate Park. Im Unterschied zum engen Green Apple Original mit seinem verheißungsvollen Chaos ist der neue Shop groß, wohl geordnet, und auf Veranstaltungen ausgerichtet. Auf die Ankündigung eines Auftritts von John Waters anläßlich seiner Reisememoiren “Carsick” folgten im Mai 1500 Reservierungen binnen weniger Stunden. 

Sarah McNally bezeichnet ihre Buchhandlung im Boutiquenviertel Nolita trotz des gut besuchten Cafés als “ganz und gar buchorientiert.” Nicht zuletzt dank allabendlicher Lesungen machte McNally Jackson in diesem Jahr 13.9 % mehr Umsatz als 2014, doch ab Oktober will die gelangweilte Eigentümerin ein “extravagantes” Konzept ausprobieren: in Partnerschaft mit National Sawdust, einem neuen Veranstaltungraum in Brooklyn, sollen Lifesendungen mit Autoren, Künstlern und Musikern ein sechsstelliges Publikum statt des harten Kerns von “5000 Bibliophilen erreichen.” Ob sie damit auch die teure Adresse aufgibt, will sie nicht sagen. 

Doch Green Apple verdankt seine neue Filiale schließlich nur einer preisgünstigen Übereinkunft mit dem zwar mythischen, aber nahezu bankrotten DVD Verleih “Le Video”: der Eigentümer des Gebäudes in bester Lage siedelte sein Unternehmen in die erste Etage um und vermietete der Buchhandlung das Parterre zu günstigen Konditionen. Der St. Marks Bookstore mußte letztes Jahr von seinem langjährigen Standort auf der Hauptstraße von Manhattans East Village in ein winziges Ladenlokal umziehen, als die Monatsmiete auf $ 20,000 anstieg. Rafay Khalid, ein Börsenberater pakistanischer Herkunft, mobilisierte 200,000 Dollar zur Rettung in höchster Not. Der Immobilienmarkt glüht, und ein weiteres Unwetter blüht dem zähen, unersetzlichen, unabhängigen Buchhandel.

Claudia Steinberg

Manager eines Magneten

Florenz - Der deutsche Kunsthistoriker Eike Schmidt wird neuer Direktor der weltberühmten Uffizien 
Große Ehre für Eike Schmidt. Der international erfahrene deutsche Kunsthistoriker wird Leiter der Kunstsammlung Uffizien in Florenz. Er ist der erste ausländische Direktor des berühmten Museums überhaupt und bezeichnet den Posten als „Traumjob“. Die 
Uffizien beherbergen Meisterwerke der Malerei und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock. Zwei Millionen Besucher strömen jedes Jahr in die Säle. Das ist auch eine 

der Herausforderungen für Eike Schmidt. Er will das Museum besucherfreundlicher machen. Das sollte ihm gelingen. Denn Eike Schmidt, 47, hat sieben Jahre in Florenz gelebt, kennt das italienische System und verfügt über entsprechende Kontakte.

London - Hartwig Fischer wird neuer Direktor des British Museums

Der deutsche Kunsthistoriker Hartwig Fischer (* 1962 in Hamburg) ist  seit 2012 Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Nun ist es offiziell, dass Hartwig Fischer in der Nachfolge von Neil MacGregor als Direktor des British Museum seinen  Posten im Frühjahr 2016 antreten wird. Er folgt in dieser Position auf Neil MacGregor, der als Gründungsintendant des Berlin Humboldtforums vorgesehen ist.
Fischer studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie in Bonn, Paris, Rom und Berlin und wurde 1993 an der Universität Bonn mit einer Dissertation über den Dresdner MalerHermann Prell und die wilhelminische Umgestaltung des Palazzo Caffarelli promoviert. Anschließend arbeitete er am Kunstmuseum Bonn und war von 1993 bis 2000 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent der Direktion am Kunstmuseum Basel tätig. 2001 folgte er ebenda der Tätigkeit als Konservator für das 19. Jahrhundert und die Klassische Moderne (1800–1960). Ab 2006 bekleidete Fischer das Amt des Direktors am Museum Folkwang in Essen. Unter seiner Leitung wuchs die Sammlung durch bedeutende Ankäufe und Schenkungen; in seine Amtszeit fiel auch der Museumsneubau durch den Architekten David Chipperfield. 
Im Dezember 2011 wurde Fischer Nachfolger von Martin Roth als Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Die Stadt ist ihm seit seiner Kindheit vertraut, oftmals besuchte er die dortige Verwandtschaft, später recherchierte er hier für seine Dissertation und setzte sich dabei schon mit der sächsischen Kunstgeschichte auseinander. Fischer trat sein Amt am 1. Mai 2012 an und wohnt in Dresden.

Friday, August 28, 2015

New York - “Pocket Utopia” - ein Salon als soziale Skulptur und Ausstellungsort von Austin Thomas

Sechs Stationen mit dem L-Train von Manhattan taucht die Skyline nur gelegentlich als vertraute Kulisse hinter Bushwicks horizontaler Geographie von Lagerhäusern, Manufakturen und niedrigen Häuserzeilen auf. Seit Williamsburg mit dem neuen Millenium die Künstler, die das verwaiste Viertel in den letzten zwei Dekaden urbar gemacht hatten, weiter in die verarmten Niemandslandschaften von Brooklyn vertrieb, haben die Exilanten der Immobilienspekulation hier unter lateinamerikanischen Immigranten eine Heimat gefunden. Wo Pioniere noch vor zehn Jahren ihre Lebensmittel an der Tankstelle Ecke Bushwick und Flushing Avenue kaufen mußten und nur Rudel streunender Hunde die desolaten Straßen belebten, gibt es heute gepflegte Bioläden, Restaurants und Galerien. Gigantische Wandmalereien auf den Fassaden ehemaliger Fabriken markieren die jedoch nach wie vor schäbige Gegend als Künstlerterritorium. Mit ihrem nur zwei Jahre aktiven, aber höchst einflußreichen Alternativraum namens “Pocket Utopia”, einem Salon, der sich ebenso als Ausstellungsort wie als “soziale Skulptur” verstand, bot die Künstlerin Austin Thomas 2007 der versprengten Künstlergemeinde eine der ersten Anlaufstellen. Mehr als zwanzig Ausstellungräume gibt es inzwischen in Bushwick, zum Teil mit eigenwilligen Namen wie Laundromat, Small Black Door, Sugar, Temporary Storage oder Famous Accountants, die sich explizit von den Chelsea Brands absetzen.

So verkündet die blaue Markise über der Bushwick Storefront Galerie auch noch immer “PM Taxes” und lockt Leute an, die Hilfe mit ihrer Steuererklärung suchen. Doch Deborah Brown hat den winzigen Raum vor zwei Jahren in ein makellose “White Box” verwandelt, wo sie kleinformatige Arbeiten von Künstlern unterschiedlicher Jahrgänge zeigt: Maler ihrer eigenen Altersgruppe wie Cathy Quinlan, die Stillleben in der Tradition Morandis zur Grundlage weiterer Abstraktion macht, oder Houston Ladda, der Anfang der 80er Jahre mit spektakulären Trompe L’oeils in der South Bronx auf der Bildfläche erschien, stellen hier mit Nachwuchskünstlern wie Gary Petersen und Halsey Hathaway aus.”Das Bushwick-Publikum kennt nur junge Künstler, und ich habe mich bei meinem Programm auf einen Dialog zu verwandten Themen über die Generationen hinweg spezialisiert”, erklärt die gebürtige Kalifornierin, die sich als “Cheerleader für Bushwick” bezeichnet. Wie die meisten Galeristen der Gegend ist sie selbst auch Künstlerin und stellt ihre Bilder - von ihrem urbanen industriellen Umfeld inspirierte und ins Surreale fließende Gemälde - in Manhattan aus.

Kate Levant
Untitled, 2013


An der Peripherie des “Greater Bushwick Area” verfolgt Fred Valentine, Künstler und Mitbegründer des legendären Williamsburger Avantgarde-Raumes “Galapagos”, in seiner Galerie seit letztem Sommer eine ähnliche Strategie generationsübergreifender Ausstellungen. Jane Dickson, die einmal bei Marlborogh zeigte, ist bei ihm ebenso willkommen wie Anthony Martin, der Lightshows für Gruppen wie Jefferson Airplane inszenierte und heute Avantgarde Videos produziert. “So viele Künstler sind es leid, vergeblich an die Pforten der Chelsea-Galerien zu klopfen”, sagt Adam Simon, ein Veteran der Bushwick Szene, der zur Zeit seine auf Schablonen von Werbefotos basierenden Graphitzeichnungen bei Valentine zeigt. Und wo sonst würde ein Galerist den Künstler bei der Arbeit an einem sitespezifischen Bild bis zu dessen Fertigstellung tagelang mit Geschichten unterhalten? Die Atmosphäre in dem kleinen Raum mit seiner einladenden Sitzgruppe gleicht einem Wohnzimmer, doch in einer Nische gibt es sogar einen Gift Shop wie im Museum, wo kleine Kunstwerke unter tausend Dollar zu haben sind. “Man kann hier verdienen, aber natürlich kein Chelsea-Geld “, sagt Fred Valentine, als handelte es sich um eine gänzlich andere Währung. 



Jonathan VanDyke 

Niemand verkörpert den kommunalen Geist der Bushwick Kunstszene besser als der Tänzer und Kurator Jason Andrew, der 2008 sein Apartment in die non-profit Galerie Norte Maar transformierte. Wie fast alle Kunstschauplätze der Gegend ist auch Andrews Ausstellungsraum nur an Wochenenden geöffnet, denn die meisten Künstler-Galeristen sind auf normale Jobs angewiesen. Zur Vernissage drängen sich dann Hunderte von Besuchern durch den engen, labyrinthischen und von Essensdünsten durchzogenen Flur in die Wohnung, wo auch Küche und Schlafzimmer zugänglich ist. Anläßlich des hundertsten Geburtsjahres von John Cage veranstaltet Andrew, der bis vor kurzem auch als Partner in der Storefront Gallery Ausstellungen organisierte, 2012 jeden Monat eine Performance auf der Basis der Vorträge und Schriften des Visionärs . Der Maler, Kunstkritiker und Doktor der italienischen Literatur Paul D’Agostino, der bei seinem Freund und Kollegen Andrew gegenwärtig seine eleganten Monoprints abstrahierter Landschaften zeigt, stellt ebenfalls seit 2008 sein eigenes bescheidenes Domizil mit ebenbürtiger Großzügigkeit als Galerie unter dem Namen Centotto zur Verfügung. Noch besitzt die Bushwick-Szene die Verflochtenheit einer verschworenen Außenseitergemeinde, auch wenn sich im Parterre eines prächtigen Fabrikgebäudes an der Bogart Street kürzlich Galerien im Chelsea-Format ansiedelten. Die Eröffnung eines Außenpostens der Blue Chip Galerie Luhring Augustine in ihrem langjährigen Lagerhaus in Bushwick im Februar versetzte die Nachbarschaft in Aufruhr, Podiumsdiskussionen erörterten den potentiellen Untergang des antikommerziellen Paradieses - bis zur Endstation des L-Trains gibt es noch jede Menge künstlerisches Brachland. 

Claudia Steinberg

Wednesday, August 19, 2015

Schwarzenbach - Erika-Fuchs-Haus: Deutschlands erstes Comic-Museum ist eine Huldigung an Donald Ducks Textchefin

Man nannte sie die Grande Dame des Comics, Erika Fuchs, die langjährige Chefredakteurin der Micky-Maus-Hefte und Übersetzerin der Donald-Duck-Geschichten, die Urheberin des “Erikativs” – “Staun!” “Freu!” “Hüpf!”– und Trägerin zahlreicher (ja sogar Literatur-) Preise. Nun bekam Donald Ducks Textchefin ein eigenes Museum. Am 1. August wurde im oberfränkischen Schwarzenbach an der Saale Deutschlands erstes Comic Museum eröffnet, das “Erika- Fuchs-Haus”. 

Fünf Millionen Euro hat das neue Museum - vorwiegend aus Spenden - gekostet, jetzt hoffen Stadt und Kuratoren, dass die Donald-Fans möglichst zahlreich ins oberfränkische Entenhausen strömen. Im Museum lädt ein “Wort-Generator” dazu ein, selbst Fuchssche Wortungetüme zu erfinden. Und man kann auch in Dagoberts Geldspeicher schwimmen oder in Daniel Düsentriebs Werkstatt stöbern.

Freu! Hüpf! Spring! Donald, Dagobert, Tick, Trickk und Track, Micky, Minnie, Goofy, Pluto... Ohne Erika Fuchs wären die weltberühmten Enten, Mäuse und Hunde nicht das, was sie sind - zumindest in Deutschland...

Erika Fuchs hat jeder Figur eine eigene Sprache gegeben: Dagobert Duck spricht gespickt mit Konjunktiven und verschachtelten Genitivkonstruktionen. Ganz anders als Donald, der wichtigtuerisch übertreibt, oder die Neffen Tick, Trick und Track, denen Fuchs eine Jugendsprache verpasste, die sie sich später in München, wo sie nach dem Tod ihres Mannes bis 2005 lebte, in der U-Bahn abhörte.

Von 1951 an war sie Übersetzerin und Chefredakteurin des Mickey-Maus-Magazins. Mit ihren Wortspielen und lautmalerischen Schöpfungen prägte sie nachhaltig die deutsche Sprache. Sie trug einen wesentlichen Teil dazu bei, dass sich Comics im Nachkriegs-Deutschland von der Schmuddel-Lektüre hin zu einer eigenen Kunstform entwickelten. Ihr zu Ehren wurde nun in Schwarzenbach, einer kleinen Stadt nicht unweit von Bayreuth, Deutschland erstes Comic-Museum eröffnet. Von Schwarzenbach aus erfüllte Fuchs Entenhausen mit Leben, hier lebte sie für rund fünf Jahrzehnte.

Dr. Erika Fuchs: Mutter aller Sprechblasen
Erika Fuchs war für ihren Mann Günter nach Schwarzenbach gezogen. Er war dort Ingenieur, sie konnte mit ihrer Ausbildung als Kunsthistorikerin an Universitäten in Lausanne, München und London in der Provinz nichts anfangen. Bald begann sie, englische Literatur als Gelegenheitsjob ins Deutsche zu übersetzen, unter anderem für Reader’s Digest. In deren Verlagshaus lernte sie irgendwann den Leiter des neugegründeten Ehapa-Verlages kennen.
Er schlug ihr vor, neuartiges Material zu übersetzen: bunte Bildergeschichten, in denen sich Enten und Mäuse mittels Sprechblasen unterhielten. Erika Fuchs lehnte entsetzt ab, einige Comic-Exemplare nahm sie aber dann doch mit nach Hause. Dort wuchsen ihr Mickey, Donald & Co. ans Herz, denn bald darauf stand in jeder Ausgabe bis 1988 ihr Name im Impressum der deutschen Mickey-Mouse-Ausgaben.
Dabei übersetzte Erika Fuchs nie wörtlich, sondern nutzte die englische Vorlage eher als Inspiration. Sie streute klassische Zitate von Schiller bis Bizet ein, lässt Donald beispielsweise schwärmen: “Wie herrlich leuchtet mir die Natur” und zitiert en passant die erste Zeile von Goethes “Maifest”. Auch der Kultsatz “Dem Ingenör ist nicht zu schwör” ist eine Erfindung von Erika Fuchs. Er stammt aus Daniel Düsentriebs Schnabel, um genau zu sein. Und auch die Tick, Trick und Track-Hymne - die im englischen Original übrigens Huey, Dewey und Louie heißen – geht auf ihr dichterisches Konto:
“Wir pfeifen auf Pomade, /
auf Seife, Kamm und Schwamm, /
wir bleiben lieber dreckig /
und wälzen uns im Schlamm.”
Solche Zeilen sahen viele deutsche Eltern in den 60er Jahren nicht gern, doch bei den Nachkriegskindern wurden Comics durch Fuchs’ Sprachgenie umso beliebter. Auch dass sie Details aus ihrem Umfeld im Fichtelgebirge nach Entenhausen schmuggelte, wird bei Ortsnamen wie Schnarchenreuth und Kleinschloppen schnell klar.
Die Mickymaus-Chefredakateurin erfand Kunstwörter und sogar eine neue Verbform, den Inflektiv, der Übersetzerin zu Ehren auch Erikativ genannt. Wer also gern mal “Grübel”, “Ächz” oder “Schnief” sagt, darf sich bei Fuchs für die Erweiterung der deutschen Sprache bedanken. Ihr Entenhausen ist ein Kult-Topos für sich, und durchaus nicht einfach nur die deutsche Ausgabe von “Duckburg”, wie die Entenstadt beim Erfinder Carl Bark heisst.
Fuchs starb im Alter von 98 Jahren 2005 in München. Das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach würdigt nun Leben und Werk der großen Disney-Übersetzerin. Manuskripte, ihre Schreibmaschine und ihr Notizbuch geben Einblick in Fuchs’ Arbeitsweise. Dabei wird klar, wie akribisch und perfektionistisch sie bei ihren Übersetzungen vorging. Oft redigierte sie die Sprechblasen der Comic-Enten bis zu zehn Mal, bevor sie zufrieden war.

In einem weiteren Teil des Museums haben die Macher Entenhausen nachgebaut. Den größten Platz nimmt Dagoberts Geldspeicher ein, in dem Besucher ein Bad in einem Meer aus Talern des Comic-Kapitalisten nehmen können. Auch die Häuser von Donald und Daniel Düsentrieb lassen sich besichtigen. Man sollte eben nur aufpassen, dass nichts “Schwupp Krach!” zu Bruch geht.
Verantwortlich für die “Donaldisierung” Schwarzenbachs ist Gerhard Severin. Der Amtsrichter und bekennende Donaldist war kurz vor der Eröffnung “vor allem müde vom Kistenschleppen”, denn das Museum ist quasi um seine Sammlung herum entstanden: 3000 Donald-Exponate, Hefte, Poster, Figuren, Entenhausener Devotionalien jeder Art. Die wollte Severin schon vor knapp zehn Jahren ausstellen und fand im damaligen Bürgermeister von Schwarzenbach an der Saale einen Mitstreiter.

So schaut’s aus: Ein Mädchen begutachtet im  Museum für Comic und Sprachkultur die Exponate

Erika Fuchs war eine echte Intellektuelle, die sich das Abi auf einem Knabengymnasium erkämpfte, später in Lausanne, London und München Kunstgeschichte, Archäologie und mittelalterliche Geschichte studierte, 1931 promovierte.”Man kann nie gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen”, soll sie gesagt haben. Und in der Tat: Shakespeare, Goethe, Schiller, Brecht, Heine, Cicero – ihre Zitate sind gang und gäbe in Entenhausen...

San Francisco - Audre Lorde, Berliner Jahre: 1984–1992

Filmvorführung im Rahmen der Ausstellung “Homestory Deutschland - Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart”
Samstag, 22. August 2015 - 19:30 Uhr
RSVP bis 19. August
Gerlind Institute for Cultural Studies
2128 108th Ave
Oakland
Deutsch mit englischen Untertiteln
$10-20
+1 510 4302673


Die prägnanten, zuweilen wütenden, aber immer brillanten Schriften und Reden, für die Audre Lorde bekannt ist, definierte und inspirierte die US-amerikanische feministisch-lesbische, Afro-Amerikanische- und Women-of-Color Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre. “Audre Lorde - die Berliner Jahre 1984-1992” dokumentiert ein vielen unbekanntes Kapitel ihres Lebens: ihren Einfluss auf die deutsche Politik und Kulturszene in einem Jahrzehnt des tiefgreifenden sozialen Wandels. Der Film untersucht die Bedeutung ihres Vermächtnisses. Sie ermunterte Afro-Deutsche, die bis dahin keine selbst gewählte Bezeichnung und keinen eigenen Raum hatten, sich in einer Kultur, die sie isolierte und in der sie keine Stimme hatten, zu zeigen. Der Film dokumentiert wie Lorde die Afro-Deutschen Frauen ermutigt zu schreiben und zu veröffentlichen, während sie weiße Frauen dazu aufforderte, ihre Privilegien anzuerkennen und mit Unterschieden konstruktiv umzugehen. Durch bisher unveröffentlichtes Archivmaterial sowie aktuellen Interviews, wird der weitreichende Einfluss auf Deutschland deutlich. Der Film zeigt Material aus Dagmar Schultzes persönlichem Video- und Audio- Archivs, das einen besonderen Einblick in das private Leben Audre Lordes ermöglicht.

Wednesday, July 29, 2015

Washington - Mit gestohlenen Kunstschätzen Kriege finanzieren

In den letzten Monaten hatten Menschen in aller Welt Gelegenheit, per Video die Vandalisierung des Museums in Mosul, die Verwüstung der neoassyrischen Hauptstadt Nimrud, und die ISIS-Attacke auf die Parthischen Stadt Hatra zu erleben. US-Außenminister John Kerry sprach von einem “der empörendsten Angriffe auf unser gemeinsames Erbe”, doch scheuen sich westliche Politiker, Millionen zum Schutz kultureller Schätze bereitzustellen und gleichzeitig mit humanitärer Hilfe zu geizen - das, so fürchten sie, könnte ISIS nur in die Hände spielen. Die Vereinten Nationen müssen vor Kriegsverbrechen und Genozid schützen, doch haben sie kein Mandat zur Verteidigung gefährdeten Kulturguts. 


Add captioZerstörungswut in Mosul: Aufnahme aus einem Propaganda-Video des IS. Jahrtausende alte Kunstschätze wurde vernichtet


Portal für Fondsanleger
Die «Neue Zürcher Zeitung» bietet auf www.nzz.ch/fonds einen ausgebauten analytischen Überblick über die Welt der Anlagefonds. Die NZZ berichtet dort über Entwicklungen, Produkte und Trends.
Das Haager Abkommen von 1954 zum Schutz kulturellen Eigentums erstreckt sich nur auf konventionelle Kriege und seit 1999 auch auf Bürgerkriege, doch sah es die Zerstörung antiken Kulturguts als Waffe religiöser Extremisten nicht voraus. Regierungen und internationale Organisatoren stehen also der Annihilation Jahrtausende alter Schätze ohnmächtig gegenüber. Schon gegen die Plünderung des Museums von Bagdad nach der US-Invasion, die zur Verschleppung von 15,000 Objekten führte, ließ sich angeblich nichts unternehmen. Der Washington Post zufolge richteten sich die Diebe nach den Instruktionen von Sammlern in Asien, Europa und Amerika.

Die Antiquities Coalition in Washington kämpft gegen den internationalen Handel mit antiken Objekten, den ISIS zur Finanzierung seiner Operationen einsetzt wie die Taliban den Opiumschmuggel, und verlangt nach strengeren Gesetzen. Darüber hinaus setzt sich die Vereinigung für die Rückführung fremden Kulturguts ein, wogegen sich nun vermehrt einige prominente Museumsvertreter wehren, allen voran James Cuno, Präsident des J. Paul Getty Trust.

 In Anbetracht der Zerstörung des Kulturerbes im Nahen Osten plädiert er für die Aufbewahrung des “Gemeinguts der Menschheit” im Westen zur  “Umverteilung des Risikos” - Tess Davis von der Antiquities Coalition wittert kolonialistischen Opportunismus: auch der Bürgermeister von London fühlt sich nun verstärkt zur Verwahrung der Elgin Marbels verpflichtet. Gary Vikan, der ehemalige Direktor des Walters Art Museum in Baltimore, meint es müsse nun “mit der exzessiven Frömmingkeit zugunsten der Rückführung” ein Ende haben und scheut nicht davor zurück, “Lösegeld” für Objekte auf dem Schwarzmarkt zu bieten - und damit, so warnt die Antiquities Coalition - ISIS  einen  Gefallen zu tun.

Claudia Steinberg

Boston - Mit der Tea Party begann die Unabhängigkeit Amerikas

Boston hat zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Der Charme der Stadt liegt im Besonderen in der Mischung von Europa und Amerika auf engstem Raum. Boston ist flächenmäßig keine große Stadt, sie kann recht bequem zu Fuß erkundet werden.

Die Menschen fühlen sich in Boston dem alten Kontinent Europa noch eng verbunden. Die Sehenswürdigkeiten liegen zwischen dem italienisch dominierten North End und der Back Bay.

Historisch gesehen ist natürlich die Boston Tea Party das wichtigste Ereignis in der Geschichte der Stadt.Gerade aus dieser Epoche findet man viele Relikte. 

Hier ein bisschen Nachhilfe in amerikanischer Geschichte: 

Kolonisten wehrten sich gegen Steuern und Zölle
Lange Zeit waren die Kolonien “Anhängsel” ihres jeweiligen Mutterlandes und wurden dementsprechend behandelt. Sie besaßen keine eigenständigen Regierungen und ihre Bewohner lebten in völliger Abhängigkeit. Gleichzeitig wurden sie oft genug  mit hohen Steuern und Zöllen belastet. Und dagegen wehrten sich die Kolonisten.

Viele Alltagswaren  wurden  teurer. Es kam zu Protesten, So wurden im Jahr 1770 viele Zölle und Steuern  aufgehoben- bis auf eine: Die Teesteur. Und an dieser entzündete sich letztlich der heftige Streit, der am Ende zur Unabhängigkeit Amerikas von Großbritannien führen sollte.

Am 16. Dezember 1773 kippten als Indianer verkleidete Kolonisten  (Indianer standen als Symbol für die Freiheitsbewegung) Tee von drei englischen Schiffen in den Hafen von Boston. Der Name Tea Party war natürlich ironisch zu verstehen. Eine richtige Party hat man dort nicht gefeiert, aber der Name blieb. Deshalb ging dieser Vorgang als “Boston Tea Party” in die Geschichte ein. Sie bildete auch den Höhepunkt der Auseinandersetzung der 12 nordamerikanischen Kolonien mit Großbritannien. Sie trafen sich mit ihren Vertretern und beschloss eine eigene Armee aufzusetellen und unabhängig zu werden. Am Ende stand im April 1775 der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg.

Wer sich dafür interesssiert, der ist im Old South Meeting House richtig, denn in der alten puritanischen Betstätte gibt es eine umfangreiche Ausstellung zu Amerikanischen Revolution u.a. mit alten Handschriften. Einen Besuch wert ist dann sicher auch dasBoston Tea Party Ship & Museum. Dieses ist in der historischen Brigg (Nachbau) Beaver II untergebracht und erinnert dadurch in besonderer Weise an die Ereignisse von 1773. Boston liegt bekanntlich in Amerika und so gibt es natürlich auch eine kleine Show zum Thema mit zeitgenössischen Kostümen. Wem der Mitternachtsritt (warnte die Aufständischen vor den anrückenden Briten) von Paul Revere dem patriotischen Silberschmied etwas sagt, kann das Paul Revere House oder auch in der nicht fernenPaul Revere Mall sein Reiterstandbild besuchen.


Im Old State House von 1713 findet man ebenfalls Relikte und Bilder aus der Kolonial- und Revolutionszeit. Hier verlaß John Adams dann später auch die Unabhängigkeitserklärung.

Wednesday, July 8, 2015

Los Angeles - Zwei Schwestern demonstrieren zur Rettung der ozeanischen Welt: Gehäkelte Mathematik




Die Physikerin und preisgekrönte Wissenschaftsautorin Margaret Wertheim: “Häkeln als Akt der Mathematik, um die Umwelt zu retten”. 


Christine Wertheim unterrichtet  am “California Institute For the Arts” experimentelles Schreiben 

Los Angeles - Zwei Schwestern demonstrieren zur Rettung der ozeanischen Welt: Gehäkelte Mathematik
Vor fünf Jahren breiteten sich die ersten gehäkelten Seeanemonen, Feuerkorallen und Blumentiere auf dem Eßzimmertisch der australischen Zwillinge Margaret und Christine Wertheim aus. Allmählich krochen die gekräuselten Gebilde – kaum schneller als ihre ozeanischen Verwandten - über den Fußboden in die benachbarten Zimmer, um schließlich das ganze Einfamilienhaus in Los Angeles zu kolonisierten. Seither ist das wollene Riff mit Unterstützung von drei Männern und dreitausend Frauen aus aller Welt zu einem Organismus angewachsen, der mit seiner Farb- und Formenvielfalt den wundersamen Unterwassergärten dieser Erde immer mehr gleicht. Dabei wurden Hirn-, Rosen- und Doldenkorallen sowie zahllose andere Meeresgeschöpfe mit ihren Fühlern und Tentakeln nicht unbedingt botanisch korrekt in Alpaka, Angora oder Mohair übersetzt, sondern den beiden Initiatorinnen der wuchernden aquatischen Landschaft ging es eher um eine poetische Heraufbeschwörung dieser monumentalsten aller von Lebenwesen geschaffenen Strukturen. Für die 52-jährigen Schwestern, die im Staat Queensland mit dem Great Barrier Reef zu ihren Füßen aufgewachsen sind, ist die akute Bedrohung dieser einmalig komplexen marinen Systeme durch Klimaveränderung, Übersäuerung und Verschmutzung der Ozeane besonders schmerzlich: “Während diese Biotope, die ein Viertel aller Meerestiere beherbergen, sterben, entstehen gleichzeitig monströse Plastikinseln im Pazifik,” erklärt die Physikerin und preisgekrönte Wissenschaftsautorin Margaret Wertheim die Idee zur Kreation eines prächtigen Korallenriffs von Menschenhand. Ihre textile Nachbildung der verschwindenden tropischen Wunderwelt war inzwischen in etlichen Kunstmuseen zu sehen, und im November wird die Smithonian Institution in Washington als erste naturwissenschaftliche Einrichtung eine 15 Quadratmeter große Portion der internationalen Häkelarbeit zeigen.


Detail  einer Insel des Latvian Reefsmit Korallen von  Dagnija Griezne. Photo IFF.


Doch die phantastische Garnformation ist nicht nur ökologisches Mahnmal und kollektives Kunstwerk. Vielmehr handelt es sich um das prominenteste Projekt des von den Wertheims im Jahr 2003 gegründeten – und von ihrem gemeinsamen Wohnzimmer aus betriebenen - Institute for Figuring. Das IFF hat sich der Mission verschrieben, die ästhetischen Qualitäten der Wissenschaft zu offenbaren, von den in Paisleymustern versteckten Fraktalen über die in den Schuppen der Ananashaut verborgenen Fibonacci-Zahlenreihen bis zu den logaritmischen Spiralen, die sich in den rotierenden Armen einer Galaxie lesen lassen. Als Margaret Wertheim erfuhr, dass die Mathematikerin Daina Taimina 1997 ausgerechnet das Häkeln als ideales Medium für die Umsetzung der hyperbolischen Geometrie erkannt hatte, witterte sie die Gelegenheit zur Verbindung zweier sehr unterschiedlicher Passionen: höherer Mathematik und profaner Handarbeit. Die Materialisierung des hyperbolischen Raumes – der geometrischen Entsprechung negativer Zahlen – mit Hilfe der Häkelnadel ist umso erstaunlicher, als Mathermatiker seit der Entdeckung dieser zunächst undenkbaren Sphäre durch den Ungarn Janos Bolyai in den 1820er und kurz darauf durch seinen russischen Kollegen Nicholay Lobatchevsky um seine physische Darstellung gerungen haben. Henri Poincaré entwickelte vor mehr als hundert Jahren ein verführerisch ornamentales Scheibenmodell, und Computer können diesen nicht-euklidischen Raum visualisieren, den Tschaina als das Gegenteil einer Kugel definiert: während sich bei einem Ball die Oberfläche in sich selbst krümmt und geschlossen ist, biegt sich die hyperbolische Ebene an jedem Punkt ihrer rapide expandierenden Oberfläche von sich weg. Mit der Möglichkeit exponentiell zunehmender Maschen bietet das Häkeln die wohl effizienteste dreideimensionale Demonstration dieses ungebärdigen Phänomens. 

Ein Exemplar aus der Verbindung zweier sehr unterschiedlicher Passionen: höherer Mathematik und profaner Handarbeit

Daina Taiminas gehäkeltes Exempel der hyperbolischen Ebene befindet sich in der Sammlung mathematischer Modelle des Smithonian. Die Krause aus roter Schafswolle ist kaum von den Seekreaturen der Wertheimschen Meereslandschaft zu unterscheiden – kein Wunder, denn mit ihren extravaganten Schnörkeln, Windungen und Rüschen sind Korallenriffe lebende Inkarnationen jener geometrischen Realität, deren potentielle Existenz Mathematiker jahrhundertelang  an den intellektuellen Abgrund trieb. Noch Bolyais Vater flehte seinen Sohn an, vom Studium dieses unheilbringenden Gegenstandes zu lassen. “Johann Carl Friedrich Gauss hatte den hyperbolischen Raum schon vor Bolyai gefunden, seine Entdeckung aber verschwiegen, um nicht für verrückt erklärt zu werden”, sagt Margaret Wertheim .“Die Natur arbeitet dagegen seit dem Silur mit hyperbolischen Formen, insbesondere im Meer, wo Schwämme, Korallen und andere immobile Geschöpfe mit ihren gekräuselten Oberflächen optimal Nahrung einfangen können.” Es ist jedoch noch nicht lange her, dass Mathematiker gewellte Salatblätter und die wallenden Leiber von Seeschnecken zu ihren Forschungsobjekten machten - nicht nur fehlten die erforderlichen Instrumente, sondern man hatte ihre scheinbar amorphe Gestalt gar nicht unter der Linse der Geometrie betrachtet. Der Computer hat den hyperbolischen Raum dann allerdings vor allem für die Unterhaltungsindustrie erobert: Im Animationsfilm werden Haut und Kleider der Figuren nach seinen Gesetzen über das Skelett von Gesicht und Körper der Kunstfiguren drapiert. “Das ganze Feld der Geometrie hat in den letzten 15 Jahren allein wegen der Computeranimation eine große Renaissance erlebt”, sagt Wertheim.

Das Konzept negativer Zahlen hatte im 16. Jahrhundert unter Denkern eine ähnliche Krise wie der hyperbolische Raum ausgelöst, doch die Geldwirtschaft verhalf ihnen schließlich zur Akzeptanz: die sehr konkrete Möglichkeit von Schulden warf Licht auf die Schattenwelt des Minus. “In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es im Anschluß an die Erfassung des hyperbolischen Raumes zu einer Explosion von Entdeckungen bizarrer mathematischer Gebilde wie den imaginären und vierdimensionalen Zahlen, die keine Entsprechung in der sinnlichen Wirklichkeit zu haben schienen”, erklärt Margaret Wertheim. “Augustus Demogen erklärte bald darauf die Mathematik zur Wissenschaft der Symbole, die keine Verankerung in der Welt besitzen.” Sein jüngerer Mitarbeiter Charles Dodson alias Lewis Carroll badete in der Freiheit des neu gegründeten Feldes mathematischer Logik und erlaubte seiner roten Königin in “Alice im Wunderland”, noch vor dem Frühstück sechs unmögliche Dinge zu glauben – ganz wie seine Kollegen.


 Margaret Wertheim verliebte sich früh in das Spiel mit den Zeichen in einer Sphäre, die von ihrer eigenen, unumstößlichen Ordnung regiert wird: 

“Als Studentin fühlte ich mich vom platonischen Reich der Ideen als Antidot zum Chaos der Welt unwiderstehlich angezogen. Wenn man mathematische Beweise liest, ist es, als würde man den Engeln bei der Arbeit zusehen – es reicht, um an Gott zu glauben.” Stephen Hawking hat dann mit seinem vielzitierten Satz, dass wir Gottes Gedanken begreifen, wenn wir die Theorie von Allem verstehen, in den letzten zwanzig Jahren die Vorstellung des Schöpfers als Mathematiker  popularisiert und – vielleicht ungewollt - zu einem religiösen Mystizismus in der Wissenschaft beigetragen. Doch Margaret Wertheim , die 1995 in ihrem Buch “Pythagoras’ Trousers” das innige Verhältnis von Religion und Physik untersuchte, zählt sich zur winzigen Minorität abtrünniger Platonisten, die Mathematik als ein menschengemachtes System und nicht als a Priori Reich kristalliener Ideen betrachtet.

“Nahezu alle Aktivitäten des IFF sind von der Überzeugung getrieben, dass sich die abstrakten Konzepte, die unsere Kultur mit rein symbolischen Mitteln lehrt, auch materiell einbinden lassen,” beschreibt Margaret Wertheim die Vision ihres unabhänigigen – und unterfinanzierten – Instituts. Während Christine Wertheim, die am California Institute For the Arts experimentelles Schreiben unterrichtet, für die Komposition Tausender gehäkelter Unterwasserwesen zum Korallenriff verantwortlich ist, demonstriert ihre Schwester die exquisite Schönheit der Mathematik beispielsweise anhand von Knoten und Origami. Die Knotentheorie hat im Laufe der letzten vierzig Jahre das Verständis der DNS, von Proteinen und Polymeren voranangetrieben – und zugleich einen Bilderkatalog faszinierend komplizierter Verschlingungen angelegt. Das IFF präsentierte die Arbeit  des Physikers und Computeorigami Pioniers Robert Lang, der nicht nur Riesenobjektive für Weltraumteleskope in raketengerechte Formate und medizinische Implantate für die Reise durch Arterien zusammengefaltet hat, sondern auch für seine naturgetreu aus einem Blatt Papier gezauberten Insekten berühmt ist. Die kriechenden, hüpfenden, rollenden und schleichenden Phantasiekreaturen, die gewiefte Computerfreaks  mit Hilfe der Software sodaconstructor “aus dem virtuellen Schlamm” zum Leben erweckten, dienen Margaret Wertheim mit ihrem exzentrischen Charme als weiterer Beweis für die unendliche Vielfalt mathematischer Manifestationen im ästhetischen Bereich. Das IFF wurde vor allem aus der Frustration heraus geboren, dass die eher konservative Wissenschaftsszene den Schöpfungen eines solchen intellektuellen Spieltriebs kaum Aufmerksamkeit schenkt. 

Maritime Wunderwesen aus Wolle, geboren aus einem intellektuellen Spieltrieb

Für Margaret Wertheim ist Einsteins Formel e=mc2 das eleganteste mathematische Objekt überhaupt; die Symmetrie zwischen positiven und negativen Zahlen mit der Null als Bindeglied empfindet sie als atemberaubend und die Ausweitung dieses perfekten Balanceaktes in die Geometrie hinein als magisch. “Mathematik ist die Sprache der Muster, sie artikuliert Regelmäßigkeit und Ordnung. Mathematiker sind Poeten, die mit ihrem speziellen Bausatz von Symbolen Gedichte schreiben. Dabei entstehen Muster von großer Schönheit, und zwar mit erstaunlicher Geschwindigkeit”, meint sie. Doch nicht alle Schönheit kommt aus der Ordnung, sondern sie blüht auch im Chaos. Nicht umsonst also ist das IFF mangels einer offiziellen Straßenadresse im Seepferdchental des Mandelbrot Sets, der höchst attraktiven Ikone der Chaostheorie, angesiedelt, Die wiederum liegt auf der sogenannten “komplexen Ebene”, einem mathematischen Raum an der Kreuzung zwischen realen und imaginären Zahlen. Margaret Wertheim ermutigt Gleichgesinnte, sich in dieser interessanten Nachbarschaft niederzulassen – es ist noch jede Menge Platz.
Claudia Steinberg

Atlanta - Coca-Cola Museum: Der Apotheker John Stith Pemberton erfand 1886 das beliebteste Erfrischungsgetränk der Welt

Atlanta - Coca-Colas Erfolgs-Geschichte: Kurz nach ihrer Einführung geht die Coke Flasche um die Welt

Hier kann man das legendäre Museum World of Coca-Cola besuchen, dessen Ausstellung dem weltberühmten Getränk gewidmet ist. Während der Tour erfahren die Gäste eine Menge über die Entwicklung der Branche und die Herstellung des Getränks. Ein separater Raum des Museums ist den Markensachen gewidmet, unter denen zum Beispiel auch das erste Fußballtrikot mit dem Logo und bunte Symbole und Markengläser sind..

Zwei Worte führen die Hitliste der bekanntesten Wörter in der ganzen Welt an: OK und Coca Cola. Und da ist es doch aufregend, sich mal auf die Spuren jenes braunen Safts zu begeben, den 
der Apotheker John Stith Pemberton  1886 erfand.Mit seinem weißen Spitzkragen und der gerade gescheitelten Frisur wirkte der Apotheker Pemberton rein äußerlich unauffällig und ein wenig brav. Der Eindruck täuschte. Hinter der biederen Fassade steckte ein visionärer Kopf. Am 8. Mai 1886 mixt der Apotheker aus Atlanta in seinem dreibeinigen Messingkessel eine Rezeptur zusammen, die Geschichte schreibt: Coca Cola. Dabei suchte er eigentlich nur nach einem Mittel, das ihn von seiner Morphiumsucht heilen sollte. Stattdessen fand er eins, das ihm half, sie zu finanzieren. Bis 1887 experimentierte Pemberton an der Coca-Cola-Formel. Am 28. Juni desselben Jahres ließ er sie patentieren, um zwei Tage später – wahrscheinlich um seine Sucht zu finanzieren – alle Rechte an dem Getränk an die Firma Asa Candler zu verkaufen. Am 16. August 1888 starb Pemberton im Alter von 57 Jahren.

John Stith Pemberton wurde am 8. Juli 1831 in Knoxville/Georgia geboren. Er machte eine Ausbildung zum Apotheker, bevor er Anfang der 1860er-Jahre in den Amerikanischen Bürgerkrieg ziehen musste. Dort erlitt er schwere Verletzungen – die schließlich dazu führten, dass er morphiumsüchtig wurde. Um ein neues Leben zu beginnen, ging er 1869 mit Frau und Sohn nach Atlanta, wo er in seinem Chemielabor mit exotischen Kräutern und Pflanzen experimentierte. 

Die Blätter der peruanischen Kokapflanze und die afrikanische Kolanuss interessierten ihn besonders: Als Stärkungsmittel und Aphrodisiakum bekannt, sollten sie lebensverlängernde Wirkung haben. Pemberton hoffte außerdem, durch das Kokain, das er aus der Kokapflanze gewann, von seiner Morphiumsucht loszukommen. Schon seit längerer Zeit hatte Pemberton nach einem Sirup geforscht, der Kopfschmerzen und Müdigkeit vertreibt. Leider warder Sirup selbst ziemlich ungenießbar. Doch dann mixt Pemberton ihn mit Sodawasser - und fertig ist ein Erfrischungsgetränk, das schnell reißenden Absatz findet.

In Soda-Bars, damals Treffpunkt der feinen Gesellschaft erfreut sie sich  wachsendem Zuspruch.Beschleunigt durch die Prohibition ist das Getränk bald Everybody’s Darling. Prominente wie Clark Gable und Greta Garbo geben der Marke ein Gesicht. Anzeigen werben für eine Pause mit Coca-Cola. Seit 1929 gibt es Coca-Cola auch in Deutschland. Die “Essener Vertriebsgesellschaft für Naturgetränke” füllt die erste Coca-Cola Flasche ab.
Nun beginnt ein kometenhafter Aufstieg. Im Jahr 1888 verkaufte Pemberton alle Rechte an den Unternehmer Asa G. Candler. Vier Jahre später entsteht die „The Coca-Cola Company“ in Atlanta. Als Coke zum ersten Mal in Flaschen ausgeliefert wird, verbreitet sich die beliebte braune Brause noch schneller. Ein weiterer Coup: Candler vergibt Abfüll-Lizenzen an selbstständige Konzessionäre, die den Verkauf weiter antreiben. Nach dem Krieg nimmt Coca-Cola Deutschland den Erfolgsfaden schnell wieder auf. 

Die Coca-Cola Erfolgs-Geschichte nimmt kurze Zeit später noch mehr Fahrt auf: Während der Prohibition avanciert Coke zu Everybody’s Darling. Prominente wie Clark Gable oder Greta Garbo geben der Marke ein Gesicht. Ab 1929 ist Coca-Cola auch in Deutschland zu haben. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg produzieren 50 Fabriken rund 4,5 Millionen Kisten im Jahr. Coca-Cola hat sich als Weltmarke etabliert.Nach dem Krieg nimmt Coca-Cola Deutschland den Erfolgsfaden schnell wieder auf. Als wohl prominentester Konzessionär wird Max Schmeling 1957 Chef der Niederlassung in Hamburg.

Heute ist Coca-Cola fest in der gesamtdeutschen Gesellschaft verankert. 99 Prozent aller national verkauften Produkte werden lokal produziert. Zu 95 Prozent nutzt Coca-Cola Produktionsfaktoren aus Deutschland. Zahlreiche Standorte der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG in ganz Deutschland decken auf kurzen Wegen den Bedarf der Kunden in Gastronomie und Handel ab. Eines ist jedoch gleich geblieben: die geheime Rezeptur von Coca-Cola, die sicher in einem Safe in Atlanta ruht. John Stith Pemberton wäre stolz darauf. Denn seine geheime Formel von 1886 lebt bis heute. Nach wie vor enthält Coca-Cola nur natürliche Aromen und keine zugesetzten Konservierungsstoffe.


AUSGESPROCHEN VON ANDY WARHOL: „Du sitzt vor dem Fernseher und siehst Coca-Cola, und du weißt, dass der Präsident Coke trinkt, dass Liz Taylor Coke trinkt, und denkst daran, dass auch du Coke trinken kannst. Eine Coke ist eine Coke, und mit keinem Geld der Welt kannst du dir eine bessere Coke kaufen als die, die der Penner an der Ecke gerade trinkt. Alle Cokes sind gleich, und alle Cokes sind gut. Liz Taylor weiß es, der Präsident weiß es, der Penner weiß es, und du weißt es.“










Aus der langen Geschichte von Coca-Cola: Ein Ölgemälde von 1949 mit Dole Deluxe Zapfausschank

World of Coca-Cola - Das Coca-Cola Museum in Atlanta

Die Dauerausstellung World of Coca-Cola in Atlanta zeigt die faszinierende Geschichte der Coca-Cola. Erfahren Sie mehr über die Legende der geheimen Formel der Coca-Cola, sehen Sie mehr als 1200 Artefakte zu Coca-Cola und probieren Sie über 100 Coca Cola Geschmacksrichtungen aus der ganzen Welt.

Es gibt viele multimediale Attraktionen und Unterhaltungsmöglichkeiten zum Beispiel die große Ausstellung über die unterschiedlichen Werbeformen von Coca-Cola.

Höhepunkt ist die Abfüllanlage der Coca-Cola Flaschen, aus der Sie am Ende der World of Coca-Cola Ausstellung eine Classic Coca-Cola mit nach Hause nehmen dürfen.

Die World of Coca-Cola befindet sich in Atlanta, im US-Bundesstaat Georgia, dort wo auch der Hauptsitz der Coca-Cola Company am Pemberton Place ist. Der Komplex befindet sich gegenüber vom Centennial Olympic Park, der das Georgia Aquarium und das Center for Civil & Human Rights beherbergt. Der Pemberton Place wurde zu Ehren John Pembertons, dem Erfinder der Coca-Cola, benannt.


Sehenswürdigkeiten in der USA - World of Coca-Cola - Yellow Truck in Atlanta 
© 2014, Kevin C. Rose /AtlantaPhotos.com


Die ursprüngliche World of Coca-Cola Ausstellung wurde 1991eröffnet und befand sich im Herzen von Atlanta, neben der Underground Atlanta am 55 Martin Luther King Jr Drive. Am 24. Mai 2007 wurde sie durch die neue Ausstellung World of Coca Cola am Pemberton Place ersetzt.

Für den einstöckigen Pavillon mit dem riesigen blauen Coca-Cola-Zeichen im Eingang, war das originale World of Coca-Cola Museum berühmt. Es gab um die 1.000 Coca-Cola Artefakte, ein Soda Brunnen, Videopräsentationen der Coca-Cola Werbungen und einen 10-minütigen Film “Jeder Tag des Lebens”. Die Ausstellung “Tastes of the World” stellte die internationale Marke Coca-Cola vor. Zudem gab es die Möglichkeit im Bereich “Tastes of the States” die unterschiedlichen Soft Drink Marken zu probieren.

Die neue World of Coca-Cola
In der unteren Ebene beginnen Sie Ihren Besuch im World of Coca-Cola Museum in Bereich “The Lobby”. Hier werden Ihnen große Coca-Cola Flaschen aus verschiedenen Materialien und als Kunstwerke aus der ganzen Welt gezeigt. Dabei hören Sie die 10 Coke Jingles aus den letzten 60 Jahren. Von hieraus gelangen Sie in die “Coca-Cola-Loft”, eine Sammlung von Artefakten der Coca-Cola Werbung, die bis 1896 zurück geht. Danach folgt das “Happiness Factory Theatre”, hier erwartet Sie ein Film über den “Happiness Factory” von Coca-Cola kombiniert mit der aktuellen “Open Happiness” Kampagne.

Nachdem Film geht der Weg “The Hub” los von wo Sie aus selber entscheiden können, was Sie sich anschauen möchten. Sie können ein Bild mit dem Coca-Cola-Maskottchen, dem Coca-Cola Eisbären, aufnehmen oder im “Vault of the Secret Formula”, die Ausstellung über die geheime Coca-Cola Formel anschauen.

Meilensteine des Coca-Cola Brandings werden hier präsentiert, dazu gehört ein Packzettel aus dem Jahr 1888, der detailliert die Coca-Cola Verkaufszahlen aufschlüsselt. An der Station “Bottle Works” kann der Besucher das Abfülllen von Coca-Cola Classic Flaschen sehen, diese werden zum Ende der Ausstellung gebracht und dürfen als Erinnerung an das Coca-Cola Museum mitgenommen werden.

In der oberen Ebene des World of Coca-Cola Museums erwartet den Besucher ein 4-D Film “In Search of the Secret Formula attraction” zum Thema was macht eine Coke zur Coke.

In der Galerie “Pop Culture Gallery” sind Schmuckstücke und Erinnerungsstücke aus gebrauchten Coca-Cola Dosen und Flaschen ausgestellt. Werke von Andy Warhol, Norman Rockwell, Howard Finster, Steve Penley zu Coca Cola und Gemälde zu Santa Claus von Haddon Sundblom werden hier gezeigt. Ein eigener Bereich über den Marketingfehler “New Coke” aus dem Jahr 1985 zeigt dazu Filme und Artefakte.

Im “Perfect Pauses Theater” können drei Werbefilme von Coca-Cola angesehen werden: Magic Moments, Animation Celebration und International Festival.

Am Ende des Museum erwartet Sie die Ausstellung “Taste It!” in der 64 Produkte von Coca-Cola, wie Coca-Cola Classic, Diet Coke, Coca -Cola Vanilla, Coca-Cola Zero, Beverly, Coca-Cola Cherry und viele weitere probiert werden können. Das ganze ist nach Ländern sortiert. Es ist sehr interessant mal zu probieren wie die Coca-Cola Produkte in Indien, Thailand oder Afrika schmecken.

Der letzte Stopp ist der Coca-Cola Store mit vielen Souvenirs zu Coca Cola. Jeder Besucher erhält am Ende der Ausstellung eine originale Classic Coca-Cola als Erinnerung.


Sehenswürdigkeiten in den USA - World of Coca-Cola- Tasting Room I in Atlanta 
© 2014, Kevin C. 

Adresse  
World of Coca-Cola in Atlanta
121 Baker Street NW 
Atlanta, GA 30313 

http://www.worldofcoca-cola.com