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Thursday, June 18, 2015

Pierre Brice, der beliebteste Indianer Deutschlands, starb mit 86 Jahren an einer Lungenentzündung

Oh, wie haben wir ihn geliebt, den edlen Häuptling der Apachen und seinen genauso edlen Freund, den blonden Strategen, Old Shatterhand. Da hat noch niemand von uns Kindern an Pierre Brice gedacht. Wir haben in Karl Mays Büchern um Winnetou gebangt und bittere Tränen geweint, als der böse Schuft Santer im dritten Winnetouband den großen Indiander heimtückisch in die Ewigen Jagdgründe schickte. Wir waren zwar Mädchen, aber beim Indianerspiel zählte das sowieso nicht. Ich hätte so gern die Rolle des Winnetou übernommen, aber hellblond und blauäugig hatte ich gegen meine Schulfreundin mit ihren langen schwarzen Locken  und ihren dunkelgrünen Augen keine Chance. Wir nannten uns Jahre später noch immer Winnie und Charly. Vergangene, fast vergessene Zeiten...
AlsWinnetou wurde Pierre Brice bekannt.

Doch dann hatte ich Jahre später als junge Journalistin einen Auftrag, für die Welt am Sonntag ein Interview mit dem Schauspieler Pierre Brice zu machen: Winnetou in Person. Aufregend? Nun ja, aber Winnetou war für mich Kinderzeit. Und dann begrüßte mich ein völlig unindianischer eleganter Herr in Deutsch mit charmantem französischen Akzent. Ich hatte sofort meine Angst vor dem Interview in Französisch vergessen und wir konnten uns gemeinsam in deutscher Sprache über unseren Helden unterhalten.   Sein Indiander-Hintergrunf:  Pierre Brice in der Figur des Winnetou wurde damals zum Idol einer ganzen Generation und bekam von der Zeitschrift Bravo zwölf Ottos. Seit 1965 ist dieser in Form einer kleinen Indianer-Statue, die an Winnetou erinnern sollte, gestaltet. Außerdem wurden ihm drei Starschnitte (1964, 1967 und 1977) gewidmet, was eine Einzigartigkeit in der langjährigen Bravo-Geschichte darstellte.

Doch zunächst ein bisschen Biographie: Pierre Brice, eigentlich Pierre Louis Baron de Bris, war Soldat im Indochinakrieg und später  Fallschirmjäger im Algerienkrieg. Danach hatte er Auftritte als Fotomodel und Tänzer, aber Pierre Brice wollte Schauspieler werden. Doch die ersehnten Rollen blieben in Frankreich aus. In Spanien und Italien hatte er mehr Glück, spielte vor allem in Mantel-und Degen Filmen. Von Karriere allerdings noch keine Spur. Doch er wurde für den spanischen Film “Atracadores” als bester Nebendarsteller ausgezeichnet und besuchte aus diesem Grund 1962 die Berliner Filmfestspiele. Ein absoluter Glücksfall... 

Produzent Horst Wendland bot ihm kurz darauf die Rolle von Winnetou in seiner Karl-May-Verfilmung “Der Schatz im Silbersee” an. Damit konnte Pierre Brice überhaupt nichts anfangen.  “Ich kannte weder Karl May, noch hatte ich etwas von dem Apachen-Häuptling gehört. “ erinnerte er sich. “Ich war skeptisch, weil mir das Indianerbild der amerikanischen Western nicht behagte. Es zeigte immer nur die Verliererseite der Indianer. Meine Agentin Olga Horstig hat mich dann überredet.” .

Nicht wenig stolz war er jedoch, neben dem Star Lex Barker spielen zu dürfen, “aber ich war auch zunehmend enttäuscht. Es wurde schauspielerisch einfach zu wenig verlangt. Ich musste immer ernst und ziemlich schweigsam einhergehen und ich rechnete mit keinem Erfolg des Films. Umso mehr war ich überrascht über das Lob des Publikums bei der Premiere des Streifens.” Von 1962 bis 1968 spielte Brice die Rolle des Winnetou in insgesamt elf Karl-May-Filmen, sieben davon an der Seite des US-Amerikaners Lex Barker, drei mit Stewart Granger und einen mit Rod Cameron. Dies machte ihn in Deutschland zum Star.
Und Winnetou verließ ihn auch nach dem Indianer-Boom nicht. Zwischendurch spielte Pierre Brice Theater oder drehte die französische Komödie “Die Puppe des Gangsters “ mit Sophia Loren und Marcello Mastrioanni - aber der gewohnte Erfolg blieb aus - bis sich Winnetou wieder meldete - und zwar auf der neuen Freilichtbühne im Sauerland. Hier spielte er von 1976 bis 1980 und von 1982 bis 1986 bei den Karl-May-Festspielen in Elspe den Apachenhäuptling. . Die Verpflichtung von Brice war für die neue Naturbühne ein Glücksfall, und über die Jahre wurden über 3,5 Mio. Zuschauer in das kleine Örtchen im Sauerland gelockt. Damit entstand erstmals eine ernst zu nehmende Konkurrenz für die bis dahin als Karl-May-Mekka geltende Bühne in Bad Segeberg. 
Pierre Brice wollte seine Lebensgeschichte selber schreiben

Pierre Brice schrieb seine Biografie “Winnetou und Ich”, die  2004 herauskam. Er erklärte dazu:
„Bevor irgendjemand eine Biografie über mich schreibt, habe ich mich entschieden, selbst meine Lebensgeschichte als Autobiografie aufzuschreiben. Nur wenige Leute wissen, wie ich vor und seit Winnetou gelebt habe und lebe. Winnetou war ein wichtiger Teil meines Lebens und ich habe ihm viel zu verdanken. Doch neben Winnetou haben noch viele andere Menschen und Situationen eine wichtige und prägende Rolle in meinem Leben gespielt.“ Er trat auch als Sänger auf.

Was für ihn aber besonders wichtig war: Immer wieder setzte sich Brice als UNICEF-Botschafter für karitative Zwecke ein. Spektakulär war im Jahr 1995 sein Hilfskonvoi nach Bosnien, den er persönlich anführte und der ihn durch teilweise noch umkämpftes Gebiet führte. 1992 erhielt er das Bundesverdienstkreuz I. Klasse und 2007 wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Die Auszeichnung wurde ihm in der französischen Botschaft in Berlin als Anerkennung seiner Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft verliehen. Außerdem engagierte sich der Schauspieler  in Rumänien für Straßenhunde und Braunbären. So eröffnete er 2006 das Bärenreservat in Zărnești und rief zusammen mit der Fondation Brigitte Bardot zu Kastrationen von Haustieren auf.

Pierre Brice lebte mit seiner aus Amberg stammenden Frau Hella, geborene Krekel, 30 Jahre lang im Jagdschlösschen Domaine des Moinets in Crépy-en-Valois in der Picardie nördlich von Paris. Am Abend des 5. Juni 2015 wurde Pierre Brice mit hohem Fieber in ein Krankenhaus bei Paris eingeliefert, wo er am Morgen des 6. Juni 2015 im Alter von 86 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung starb. Er soll seine letzte Ruhestätte in Garmisch-Partenkirchen finden.

Ingrid Steinberg

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